Banken müssen vor allen Eventualitäten warnen. Volksvertreter dürfen lügen, ohne eine Strafe fürchten zu müssen.
Es ist eine ziemliche Hiobsbotschaft, mit der die UniCredit in ihrem Börsenprospekt aufhorchen lässt: Ja, die Gefahr, dass der Euro zerbricht, ist real. Und ja, die Chance, dass Euroländer wieder ihre alten Währungen einführen, besteht. Natürlich ist die Wahrscheinlichkeit, dass es so weit kommt, relativ gering. Und natürlich trillert die italienische Bank solche Warnungen nicht freiwillig in alle Welt hinaus. Es ist das Börsegesetz, das Firmen bei der Ausgabe von Aktien zwingt, die Eigentümer vor möglichen Gefahren zu warnen.
Das wirft eine interessante Frage auf: Warum dürfen Politiker die Unwahrheit sagen, ohne strafrechtliche Konsequenzen befürchten zu müssen? Ein Schuldenschnitt in Griechenland sei ausgeschlossen, betonte nicht nur die deutsche Kanzlerin Angela Merkel vor nicht allzu langer Zeit. Österreich drohe keinesfalls um für Krisenländer übernommene Haftungen in Höhe von 21,6 Milliarden Euro umzufallen, erklärt Finanzministerin Maria Fekter nach wie vor.
Mag schon sein. Doch in Stein gemeißelt sind diese Aussagen keineswegs. Würde UniCredit-Chef Federico Ghizzoni „felsenfest“ behaupten, ein Ende des Euro sei ausgeschlossen, und dann käme es anders, könnte sich der Banker vor Klagen der Aktionäre nicht mehr erwehren. Und wenn ein Politiker „felsenfest“ hinter einer Aussage steht und dann eines Besseren belehrt wird? Dann droht der Verlust von Steuergeldern. Und die Abwahl. Sonst nichts.
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.01.2012)