Piloten drohen AUA mit kollektivem Abgang

Symbolbild: Ein Pilot der AUA bei einer Betriebsversammlung.
Symbolbild: Ein Pilot der AUA bei einer Betriebsversammlung.(c) APA/ROBERT JAEGER (Robert Jaeger)
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Bei einem Betriebsübergang der AUA auf die Tyrolean wären die Piloten die großen Verlierer. Deshalb überlegen sie, die Airline zu verlassen. Deren Abfertigungen in Millionenhöhe kann sich die AUA nämlich nicht leisten.

Wien. Noch sechs Tage: Am 13. März muss sich die AUA-Führung mit der Belegschaft auf einen neuen, viel kostengünstigeren Kollektivvertrag geeinigt haben. Denn an diesem Tag muss AUA-Chef Jaan Albrecht den Pakt Aufsichtsratspräsident Stefan Lauer präsentieren. Die Zeit wird knapp, denn nach einer „Galgenfrist" von zwei Wochen gewährt die Konzernmutter Lufthansa keinen Aufschub mehr. Eine Einigung ist in dem seit Wochen schwelenden Streit um das neue Gehaltsmodell, das Kern des 260 Mio. Euro schweren Sparpakets ist, aber trotz Dauerverhandlungen nicht in Sicht. Beide Seiten signalisieren Härte.

Zeichen stehen auf „Plan B"

Weshalb der von Albrecht aufgesetzte „Plan B" (die „Presse" berichtete exklusiv am 11. Februar) immer wahrscheinlicher wird: Der Betriebsübergang von Austrian und Lauda Air auf die eigene Regionaltochter Tyrolean. Auf Basis des Arbeitsvertragsanpassungsgesetzes (Avrag) würden alle AUA-Mitarbeiter auf den um rund 25 Prozent günstigeren KV der Tyrolean wechseln müssen. Ihr Ist-Gehalt würde solange eingefroren, bis die Tyrolean-Mitarbeiter gleichgezogen haben, was viele Jahre dauern würde. Das würde in erster Linie die gut verdienenden AUA-Piloten treffen.
Sollte dieser Plan wirklich umgesetzt werden, dürfte er eine drastische Reaktion der Piloten hervorrufen. Und diese könnte noch wesentlich bedrohlicher für die Zukunft der AUA sein als ein ebenfalls möglicher Streik der Piloten. So werden dem Vernehmen nach in der Belegschaft bereits Pläne geschmiedet, wonach die AUA-Piloten kollektiv die Übernahme in den Tyrolean-KV verweigern sollen. Rechtlich würde dies einer Kündigung durch den Arbeitgeber gleich kommen.

Die Folge wären hohe Abfertigungszahlungen durch die AUA - vor allem bei jenen 338 der in Summe 578 Piloten, die noch nach dem „Kollektivvertrag alt" (vor 2004) bezahlt werden. Laut diesem steht ihnen bei einer Kündigung durch den Arbeitgeber eine Abfertigung zwischen 30 (bei zehnjähriger Zugehörigkeit) und 39 Monatsgehältern (ab 25 Jahren) zu. Angesichts von Durchschnittsgehältern in Höhe von 8000 Euro für Co-Piloten und 13.000 Euro für Kapitäne, die nach KV-alt bezahlt werden, ergibt dies Abfertigungen zwischen 250.000 und 500.000 Euro pro Kopf.

Kein Geld für Abfertigungen

Selbst wenn nur ein Teil der knapp 600 Piloten den Betriebsübergang zur Tyrolean nutzt, um das Unternehmen zu verlassen, könnten für die AUA Abfertigungszahlungen in dreistelliger Millionenhöhe schlagend werden. Geld, das das Unternehmen zur Zeit nicht hat. So ist die AUA bereits bei der geplanten Anschaffung von sieben Airbus A 320 zur notwendigen Flottenbereinigung auf eine Finanzspritze der Lufthansa im Ausmaß von 100 Mio. Euro angewiesen.

Ein plötzlicher Austritt eines gewichtigen Teils der Piloten wäre auch operativ für die AUA ein herber Schlag. Innerhalb weniger Wochen müsste die Flugplanung entsprechend angepasst und Ersatz-Piloten eingestellt werden. Ansonsten würde es zu teuren und Image-schädigenden Flugausfällen kommen, was die Kosten weiter in die Höhe treiben würde. Die gut ausgebildeten AUA-Piloten hätten keine Jobsorgen: Airlines in China und dem Nahen Osten suchen dringend Piloten.

Bei der AUA will man dieses Szenario nur ungern kommentieren. „Natürlich versuchen wir uns auf alle denkbaren Möglichkeiten vorzubereiten. Unser Hauptziel lautet weiterhin, mit dem Betriebsrat eine Lösung auf dem Verhandlungstisch zu finden", heißt es.
Die Lufthansa soll mit diesem Fall jedoch bereits rechnen und bereit sein, Geld dafür locker zu machen, um den ungeliebten alten KV ein für alle mal los zu werden. Bis die AUA genügend neue Piloten - etwa bei Billigfluglinien - abgeworben hat, könnten die Deutschen auch „Leihpiloten" zur Verfügung stellen.

AUA-Insolvenz unwahrscheinlich


Eher unwahrscheinlich ist das Worstcase-Szenario, wonach die AUA in die Insolvenz geschickt werden könnte. Dies hätte zur Folge, dass auch Tyrolean betroffen wäre. Und ein Herauslösen der Tyrolean aus der AUA könnte dem Management den Vorwurf der Konkursverschleppung einbringen, hieß es zuletzt aus dem Betriebsrat.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 7. März 2012)

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