Buwog: Wie verdächtig ist Grasser?

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Bei Karl-Heinz Grasser bestehe in der Buwog-Affäre „dringender Tatverdacht“. Dies sagt ein Strafgericht, aber ohne nähere Begründung. Die Begründung bezieht sich nur auf „hinreichende Verdachtsmomente“.

Wien. Gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser bestehe „dringender Tatverdacht“. Und zwar in Richtung „Geschenkannahme durch Beamte“ im Rahmen der Buwog-Affäre (Strafdrohung: bis zu fünf Jahre Haft). Mit dieser Festlegung endet jener kürzlich ergangene Gerichtsbeschluss, der Grassers weitere staatsanwaltliche Verfolgung ausdrücklich zulässt. Allerdings wird in dem Papier das Vorliegen dieses „dringenden Tatverdachts“ nicht näher begründet. Die angegebene Begründung bezieht sich nur auf „hinreichende Verdachtsmomente“: „Die Presse“ analysiert den Beschluss.

Zu der von Richterin Olivia-Nina Frigo vom Straflandesgericht Wien Ende Februar gefällten Entscheidung war es gekommen, weil Grasser die Beendigung des gegen ihn laufenden Strafverfahrens beantragt hatte. Gegen ihn, so argumentiert der Ex-Finanzminister, werde schließlich schon seit Ende 2009 ermittelt. Und, salopp formuliert: Es komme dabei sowieso nichts heraus. Dem widerspricht freilich die Anklagebehörde.

„Noch keine Beweise gefunden“

Die Vorwürfe: Grasser soll beim Verkauf von Bundeswohnbaugesellschaften (Buwog) im Juni 2004 einen Teil jener 9,6-Millionen-Euro-Provision kassiert haben, die den Lobbyisten Peter Hochegger und Walter Meischberger (beide waren Freunde von Grasser) vom siegreichen Immofinanz-Bieterkonsortium zugegangen war. Grasser bestreitet das. Aber damit nicht genug: Schon im Vorfeld des Buwog-Verkaufes habe Grasser offenbar Untreue begangen, meinen die Staatsanwälte. Als nämlich eine Bank gesucht wurde, die die Buwog-Privatisierung begleiten sollte, soll Grasser nicht den Best- und Billigstbieter (CA Investmentbank), sondern das ihm nahestehende Bankhaus Lehman Brothers beauftragt haben.

In Sachen Lehman erhält Grasser nun fast sogar ein bisschen Rückenwind durch den erwähnten 53-seitigen, der „Presse“ zur Gänze vorliegenden Gerichtsbeschluss. Dort heißt es nämlich: „Im Rahmen der bisherigen Ermittlungen haben noch keine Beweise gefunden werden können, dass Mag. Karl-Heinz Grasser von Lehman Brothers Bankhaus AG (...) einen finanziellen Vorteil erhalten habe.“ Allerdings: „Dennoch bestehe der Verdacht“ (laut Anklage), dass Grasser seine Befugnisse wissentlich missbraucht habe. Womit der Vorwurf „Untreue“ also keineswegs vom Tisch ist.

Zurück zum größeren Brocken, der Geschenkannahme in Sachen Buwog. Hier nimmt die Richterin zwei Bereiche unter die Lupe: Die „bestehenden Verdachtsmomente“. Und die Prognose, „ob von einer weiteren Klärung des Sachverhalts eine Intensivierung des Verdachts zu erwarten ist“.

Letzteres wird so gelöst: Wenn die heiß erwarteten Unterlagen zu Grasser-Konten in Liechtenstein und der Schweiz endlich nach Österreich geliefert werden, lasse dies „vernünftigerweise eine Intensivierung des Tatverdachts erwarten“. Daher sei die Weiterführung der Ermittlungen geboten. Eine – theoretisch wohl auch mögliche – Entlastung infolge der ersehnten Aktenlieferung wird gar nicht erwogen.

Zur gegenwärtigen Verdachtslage heißt es erklärend: „Bereits ein gravierender Verdacht“ stehe einem Ermittlungsstopp im Weg. „Die gegen den Beschuldigten bestehende Verdachtslage muss in diesem Fall – anders als bei der Verhängung der U-Haft – keine dringende sein.“ Weiters ist konsequent von „hinreichenden Verdachtsmomenten“ die Rede. Konkret etwa in Bezug auf das „Konto 15444 als Nachfolgekonto des Kontos bei der HIB (Hypo Investbank Liechtenstein, Anm.), auf welches ein Teil der Buwog-Provision überwiesen worden ist“. Dieses Konto sei mutmaßlich Grasser „wirtschaftlich zuzurechnen“.

Grasser verzichtet auf Rechtsmittel

Am Schluss des Beschlusses heißt es noch einmal: Derzeit lägen „hinreichende gravierende Verdachtsmomente (...) vor, die einer Verfahrenseinstellung entgegenstehen“. Doch dann, quasi im allerletzten Satz, findet sich ansatzlos (und entgegen den vorangehenden Erläuterungen): „Insgesamt ergibt sich daraus, dass gegen den Beschuldigten ein dringender Tatverdacht besteht.“

Wie aus einem „hinreichenden“ Verdacht“ – samt Erklärungen – plötzlich ein „dringender“ wird, bleibt offen. Dennoch wird Grasser-Anwalt Manfred Ainedter keine Beschwerde gegen den Beschluss erheben, da auch er das Eintreffen der Papiere aus Liechtenstein und der Schweiz abwartet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.03.2012)

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