Fall Grasser: Tiroler Richter in Vaduz am Zug

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Der Fürstliche Oberste Gerichtshof in Vaduz entscheidet jetzt, ob die Buwog-Akten an österreichische Behörden übergeben werden. Richter am Innsbrucker Landesgericht leitet den zuständigen Senat in Liechtenstein.

Wien/rie/gh. Dass Arbeit auf ihn zukomme, habe er aus der gestrigen „Presse“ erfahren. Mehr wollte Walter Krabichler auf Anfrage der „Presse“ auch nicht sagen. Denn auf den Richter am Innsbrucker Landesgericht kommt in den nächsten Wochen ein sehr delikates Verfahren zu: die Causa Karl-Heinz Grasser. Nicht in seinem Amt als Richter. Krabichler ist nämlich quasi im Nebenberuf auch Vizepräsident des Fürstlichen Obersten Gerichtshofs in Vaduz. Alle paar Wochen begibt er sich ins Fürstentum und leitet den Senat 2, der für Strafverfahren letztinstanzlich zuständig ist.

Wann sich der mehrheitlich aus Liechtensteinern bestehende Senat mit der heiklen Materie beschäftigen wird, steht noch nicht fest. „Zwei bis drei Monate“, werde sich das Verfahren bestimmt in die Länge ziehen, meinte Frank Haun. Er ist der Stellvertreter des Leitenden Staatsanwalts in Vaduz. Seine Behörde hat einst das Büro eines Liechtensteiner Wirtschaftstreuhänders durchsucht. Dabei sind die Ermittler auf Akten über den Buwog-Verkauf gestoßen. Unter Finanzminister Karl-Heinz Grasser wurde die staatliche Bauen- und Wohnen GmbH 2004 privatisiert. Im Zuge dessen kassierten der PR-Berater Peter Hochegger und Ex-FPÖ Politiker Walter Meischberger knapp zehn Millionen Euro Provision. Die Staatsanwaltschaft vermutet, dass die Gelder tatsächlich auf Liechtensteiner Konten geflossen sind, die Grasser zuzurechnen sind.

Während das Erstgericht die Beschlagnahme der Papiere als rechtmäßig erachtete, sorgte das Fürstliche Obergericht nun für einen Paukenschlag. Es leistete nämlich der Beschwerde der Anwälte des Wirtschaftstreuhänders Folge. Die Richter begründeten dies damit, dass für einen Wirtschaftstreuhänder ein Zeugenentschlagungsrecht gelte. Er dürfte nicht dazu gezwungen werden, gegen seine Kunden auszusagen. Deshalb sei die Hausdurchsuchung im April vergangenen Jahres nicht rechtmäßig gewesen.

Die Liechtensteiner Staatsanwälte werden nun den Obersten Gerichtshof als letzte Instanz anrufen. Dieser wird traditionell von Österreichern geleitet. Schon zu Zeiten der Monarchie stellte das Innsbrucker Gericht die Höchstrichter in Liechtenstein. Präsident des Fürstlichen Obersten Gerichtshofs ist seit 2010 Gert Delle Karth, der Senatspräsident des Oberlandesgerichts Innsbruck. Er ist übrigens auch der stellvertretende Vorsitzende im für den Fall Grasser zuständigen Senat 2.

Österreichische Justiz ist irritiert

Bestätigt das Höchstgericht den Spruch des Obergerichts, bleiben die Akten unter Verschluss. Und dann schaut die Wiener Korruptionsstaatsanwaltschaft durch die Finger, die auf Amtshilfe in Liechtenstein hofft. Dementsprechend verärgert reagierte Christian Pilnacek, Sektionschef für Strafrecht im Justizministerium, am Donnerstag. „Wir gehen davon aus, dass die globale Entscheidung, jeder Eingriff per se sei unzulässig, nicht halten wird“, sagt er und meinte, dass die österreichische Judikatur wohl zu einem anderen Ergebnis käme. Ein spannender Einwurf, in Anbetracht dessen, dass zwei österreichische Richter in Vaduz liechtensteinisches Recht sprechen werden. Und die Fälle, in denen der Oberste Gerichtshof einen Spruch der zweiten Instanz revidiert, sind äußerst selten.

Für die Ermittler der Korruptionsstaatsanwaltschaft in Wien bedeutet dies einen herben Rückschlag. Schon Ende Februar wies das Gericht Grassers Antrag auf Einstellung des Verfahrens ab. Mit der Begründung, dass die Einsicht der Liechtensteiner Akten „vernünftigerweise eine Intensivierung des Tatverdachts“ zur Folge hätten. Bleibt es beim Nein aus Liechtenstein, könnten die Ermittlungen gegen den Ex-Finanzminister völlig zusammenbrechen. Diese Befürchtung hat zumindest SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim. Er sprach von einer „nicht nachvollziehbaren Entscheidung“ in Liechtenstein.

Grassers Anwalt Manfred Ainedter erklärte, dass auch er die Verzögerungen in Liechtenstein bedauere. „Mein Mandant ist weder Partei des Verfahrens, noch hat er einen Einfluss darauf“, sagt Ainedter. Er betonte, dass Grasser auch den Wirtschaftstreuhänder nicht von seiner Verschwiegenheitspflicht entbinden könne, weil das Geld von Grassers Schwiegermutter stammte.

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