Kandidat der Muslimbrüder versetzt Ägypten in Aufregung

Khairat al-Shater
Khairat al-Shater(c) EPA (Khaled Elfiqi)
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Die gemäßigten Islamisten haben Khairat al-Shater für das Amt des Präsidenten nominiert - entgegen ihren Ankündigungen. Der Überraschungscoup könnte mit dem Militärrat abgesprochen worden sein.

In Ägypten hat die Entscheidung der Muslimbruderschaft, entgegen früheren Ankündigungen nun doch einen eigenen Präsidentschaftskandidaten zu nominieren, Schockwellen durch die Parteienlandschaft gesendet. Vereinzelt waren am Montag auch Stimmen von Politikern zu hören, die das Ganze für einen Bluff halten. Der unabhängige Kandidat Hisham al-Bastawisi, ein prominenter Richter, erklärte, er habe noch Hoffnung, dass die Islamisten ihre Entscheidung rückgängig machen. Die Muslimbrüder hatten am Wochenende angekündigt, ihren haben ihren bisherigen stellvertretenden Vorsitzenden Khairat al-Shater als Kandidaten in das Rennen um das Präsidentenamt zu schicken.

Der Bruderschaft wird jetzt unter anderem Wortbruch vorgeworfen, weil sie nach dem Sturz von Ex-Präsident Hosni Mubarak im Februar vergangenen Jahres mehrfach versichert hatte, keinen eigenen Kandidaten aufstellen zu wollen. Die Partei der Muslimbruderschaft, Freiheit und Gerechtigkeit, stellt die stärkste Fraktion im ägyptischen Parlament und dominiert auch den Verfassungsausschuss. Aus Protest gegen die Dominanz der Islamisten haben  säkulare Fraktionen und die koptischen Christen ihre Vertreter aus dem Gremium abgezogen

Strafregister des Kandidaten gelöscht

Der regierende Militärrat in Ägypten hatte vor der Nominierung den Weg für die Präsidentschaftskandidatur  al-Shaters geebnet. Das Gremium, das seit dem Sturz von Präsident Hosni Mubarak die Staatsgeschäfte führt, löschte zwei Verurteilungen des Islamisten aus dessen Strafregister, da nur Unbescholtene für Staatsämter kandidieren können, hieß es von der Muslimbruderschaft.

Shater kann nun unbehindert kandidieren. "Alle Anklagen und Prozesse gegen Ingenieur Khairat al-Shater wurden fallengelassen", sagte der Anwalt der islamistischen Bruderschaft, Abdel Moneim Abdel Maqsood. Der Militärrat bestätigte die Angaben zunächst nicht, es hieß aber aus Armeekreisen, die Muslimbrüder würden keinen Kandidaten ohne die Zustimmung des Regierungsgremiums ernennen.

Der islamistische Kandidat saß mehrfach im Gefängnis. Seine erste Haftstrafe von vier Monaten verbüßte Shater 1968 - er hatte an einer Demonstration teilgenommen. Im Jahr 1995 wurde er von einem Militärgericht wegen des Vorwurfs verurteilt, er habe die Muslimbruderschaft "wiederbeleben" wollen. Weitere Gefängnisaufenthalte sollten folgen. Seine Zeit in der Haft - zuletzt saß er 2001 ein Jahr lang im Gefängnis - will Shater jetzt als Argument im Wahlkampf nutzen. "Hinter Gittern gegen das Mubarak-Regime", lautet einer der Slogans, die sich seine Unterstützer für die Kampagne ausgedacht haben.

Absprachen mit dem Militärrat?

Nun wird darüber diskutiert, ob sich der herrschende Militärrat unter Vorsitz von Feldmarschall Mohammed Hussein Tantawi und die Muslimbrüder auf den Überraschungscoup geeinigt haben könnten. Lokale Medien zitieren den ehemaligen Generalsekretär der Arabischen Liga und Ex-Außenminister Amr Moussa mit den Worten: "Wenn sich die Muslimbrüder und das Militär auf einen gemeinsamen Kandidaten geeinigt haben sollten, dann würde dies bedeuten, dass sich in Ägypten nichts geändert hat und dass hier keine Revolution stattgefunden hat."

Moussa, der ebenfalls kandidieren will, betonte jedoch, er glaube nicht, dass es eine entsprechende Vereinbarung zwischen dem Obersten Militärrat und der Islamistenbewegung gebe. Andere Kommentatoren meinten gar, dass das Militär nach der Nominierung Shaters einen Gegenkandidaten forcieren könnte.

Bisher: Amr Moussa als Favorit

In den vergangenen Monaten - bevor die Kandidatur von Shater bekanntgegeben worden war - hatte das staatliche Al-Ahram-Institut für Politische Studien eine Umfrage durchgeführt. Dabei hatten laut einem Bericht der Zeitung "Al-Ahram" vom Montag 31,5 Prozent der Befragten angegeben, Amr Moussa sei ihr bevorzugter Kandidat. 22,7 Prozent sprachen sich den Angaben zufolge für den radikal-islamischen Salafisten-Prediger Hazem Salah Abu Ismail aus, 10,2 Prozent hätten ihre Stimme im März noch Ex-Premier Ahmed Shafik geben wollen, hieß es.

Erstaunlich ist bei den Ergebnissen dieser Befragung der relativ niedrige Wert für das ebenfalls kandidierende Ex-Führungsmitglied der Muslimbruderschaft Abdel Moneim Abul Futuh. Für ihn sollen sich nur 8,3 Prozent der insgesamt 1200 Befragten ausgesprochen haben. Bei nicht-repräsentativen Straßenumfragen hatte er zuletzt wesentlich bessere Ergebnisse erzielt.

USA fordern Respekt vor Menschenrechten

US-Außenministerin Hillary Clinton erklärte am Sonntag am Rande der Syrien-Konferenz in Istanbul, die USA würden die ägyptischen Kandidaten an deren Respekt vor den Menschenrechten messen. "Wir werden sie sehr genau beobachten und ihre Haltung gegenüber den Rechten und der Würde jedes Ägypters prüfen". Für Diskriminierung von religiösen Minderheiten, Frauen und Oppositionellen würden sie verantwortlich gemacht.

(Schluss) er/ul

(APA)

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