Kindesentziehung: Vater will sich dänischen Behörden stellen

In dieses Mietauto soll der Fünfjährige gezerrt worden sein.
In dieses Mietauto soll der Fünfjährige gezerrt worden sein.(c) APA/STRINGER (STRINGER)
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Angeblich hat die dänische Polizei jenem Mann, der am Dienstag in Graz einer Frau den gemeinsamen fünf Jahre alten Sohn entrissen hat, eine "Lösung" angeboten. Dem Fünfjährigen geht es gut.

Der dänische Staatsangehörige, der am Dienstag in Graz seinen fünfjährigen Sohn vor den Augen der Mutter in ein Auto gezerrt und nach Dänemark gebracht hatte, will sich dort den Behörden stellen.  Dies berichtete der dänische TV-Sender TV2 unter Berufung auf eine entsprechende Aussage eines Sprechers des Dänen. Zuvor hatte es geheißen, er sei mit dem Kind "untergetaucht". Nun verwies der Sprecher gegenüber dem TV-Sender auf eine "Vereinbarung" mit der Polizei. Diese habe eine "Lösung" angeboten, nannte aber keine weiteren Details.

Demnach werde sich der Vater stellen und zugleich Kinderpsychologen den Zugang zu seinem Kind ermöglichen. Der Sprecher, ein Mitarbeiter einer Rechtsberatungsorganisation, hielt laut TV2-Homepage indes fest, das es dem Kind gut gehe: "Ich habe ihn erst vor einer halben Stunde gesehen. Er ist einfach ein fröhlicher Bub, der mit seinem Vater zusammen ist. Tatsächlich wirkt er sehr unberührt von der Situation."

Für die Staatsanwaltschaft Graz steht eine Beruhigung der Situation im Vordergrund: "Wichtig ist vor allem, dass wir wissen, wo das Kind ist, und dass wir vom Vater eine Stellungnahme bekommen", so der Leiter der Staatsanwaltschaft Graz, Thomas Mühlbacher. Es gehe im Moment vor allem darum, zum Wohl des Kindes "die Emotionen herauszuhalten".

Vor Kindergarten ins Auto gezerrt

Der dänische Vater hatte der Mutter den Fünfjährigen vor dem Kindergarten entrissen und in ein Auto gezerrt, dabei soll ihm laut der Frau einer seiner Bekannten geholfen haben. Die Fahndung wurde sofort eingeleitet, bisher wurde allerdings nur das Fahrzeug - ein in Wien zugelassener Leihwagen - in einem Wald bei Graz sichergestellt. Es wird nun auf Spuren untersucht. Die Polizei geht davon aus, dass der Vater des Buben im Wald das Auto gewechselt und seine Flucht fortgesetzt hat.

Die Sachlage ist kompliziert, da in Dänemark, wo die Familie mehrere Jahre gelebt hat, der Vater die Obsorge hat, in Österreich aber die Mutter. Möglich ist das nur, weil Dänemark jenes EU-Übereinkommen (Brüssel IIa) nicht unterzeichnet hat, das regelt, dass Sorgerechtsentscheidungen der einzelnen Länder wechselweise zu akzeptieren sind. "Das ist ein juristisches Problem, man sollte einen kühlen Kopf bewahren", erklärte Mühlbacher.

Anwältin stellt Antrag auf Rückführung

Die Anwältin der Mutter, Britta Schönhart: "Wir werden einen Antrag nach dem Haager Übereinkommen zu Kindesentführung stellen, um das Kind nach Österreich zurückzubringen". Im Moment sei es allerdings schwierig, einen solchen Antrag überhaupt zuzustellen. Jedes Jahr gibt es in Österreich nach Schätzungen des Justizministeriums 25 Fälle von Kindesentführungen. "Plus minus fünf Fälle", sagte Ressortsprecherin Dagmar Albegger.

Vater "untergetaucht", Warten auf "Dialog"

Nach dänischen Medienberichten seien Vater und Sohn in dessen Heimat "untergetaucht", zitierte die Zeitung Jyllands-Posten (JP, Online-Ausgabe) einen Sprecher des Dänen. Der Vater selbst hatte zuvor in einer Stellungnahme an Medien versichert, es gehe dem Buben gut. Er wolle ihn keinesfalls vollständig von der Mutter isolieren, betonte er.

Am Zug sind nach Ansicht der Organisation "Borgersagen" ("Bürgersache", eine Bürgerrechts-NGO), die den Vater berät, nun die dänischen Behörden: Laut dem Sprecher werde sich der Vater verstecken, bis diese "einen Dialog mit Österreich starten, um den internationalen Haftbefehl aufzuheben". Dieser bedeute nämlich, dass der Vater "auf dänischem Boden von dänischen Beamten angehalten werden kann".

25 Fälle pro Jahr

Jedes Jahr gibt es in Österreich nach Schätzungen des Justizministeriums 25 Fälle von Kindesentführungen. "Plus minus fünf Fälle", sagte Ressortsprecherin Dagmar Albegger.

Obsorge-Streitigkeiten mit Auslandsbezug seien sehr häufig, aber auch diese Zahlen werden nicht in einer offiziellen Statistik erfasst. "Es gibt sehr viele Fälle mit unterschiedlichen Konstellationen", erläuterte Albegger. Etwa, dass ein Kind die österreichische Staatsbürgerschaft besitze und die beiden Elternteile Angehörige verschiedener Staaten sind.

(APA)

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