Der Papst rügt den „Aufruf zum Ungehorsam".
Das war knapp. Kein Bannfluch, keine Exkommunikation, kein Interdikt, keine Suspendierung oder Laisierung: Helmut Schüller und dessen rebellische Pfarrerkollegen sind noch ein Mal davongekommen. Dem Heiligen Vater hat es gefallen, Gnade vor Recht ergehen zu lassen. Die versprengten Hirten jenseits der Alpen wurden wegen ihres „Aufrufs zum Ungehorsam" lediglich gerügt. Auch im Ton ist die Rüge des Papstes vom Gründonnerstag erstaunlich sanft gehalten. Reicht als Erklärung, die Altersmilde eines 85-Jährigen ins Treffen zu führen? Ist es die Würde des Amtes, die Benedikt von Expliziterem abhält? Was waren das für Zeiten, als Ratzinger Präfekt der Glaubenskongregation unter Johannes Paul II. war! Auf dem Stuhl Petri nimmt er den Initiatoren der Pfarrerinitiative immerhin ab, aus Sorge um die Kirche zu handeln. Im Inhalt ist der Papst unnachgiebig. Er will das Diskussionsverbot über Priesterinnen fast zum Dogma machen, wenn er meint, „endgültig" sei die Entscheidung des Lehramtes. Na, ja. Der Kirchengeschichte ist das Ende endgültiger Entscheidungen nicht ganz fremd.
Helmut Schüller & Co. behaupten stets, Rom wisse um die Sorgen des Kirchenvolks nicht Bescheid. Der Vatikan agiere abgehoben von der Basis. Selten so einen Unsinn gehört. Dass das Gegenteil wahr ist, hat das Oberhaupt der Katholiken nun eindrucksvoll bewiesen. Benedikt liest sogar österreichische Zeitungen. Oder lässt sie lesen, von seinem Nuntius in Wien. Und er nimmt Helmut Schüller ernst. Der Landpfarrer darf sich geadelt fühlen.
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 6. April 2012)