Die Vereinigten Staaten von Amerika stoppten die Lebensmittelhilfe als Reaktion auf den missglückten Raketenstart des Landes. Das Regime in Pjöngjang kündigt darauf Rache an, manche befürchten einen Atomtest.
Pjöngjang/Seoul/Washington/Ag. Nach der Einstellung der US-Nahrungsmittelhilfen für Nordkorea als Reaktion auf den missglückten Raketenstart des Landes vor wenigen Tagen hat die Führung in Pjöngjang der Regierung in Washington mit Vergeltung gedroht: Der Stopp der Hilfen gebe Nordkorea die Freiheit, „notwendige Vergeltungsmaßnahmen“ zu ergreifen, erklärte das Außenministerium in Pjöngjang in der Nacht auf Mittwoch. „Die USA werden für alle sich ergebenden Konsequenzen voll zur Verantwortung gezogen“, hieß es.
Nordkorea hatte am Freitag aus Anlass der Feiern zum 100. Geburtstag des 1994 verstorbenen Staatsgründers Kim Il-sung trotz internationaler Warnungen eine Langstreckenrakete gestartet. Sie stürzte jedoch nach wenigen Minuten ab. Nach nordkoreanischer Darstellung sollte die Rakete einen Wettersatelliten ins All bringen. Der Westen vermutete hinter dem Start jedoch einen unzulässigen Raketentest für das nordkoreanische Atomprogramm.
Die USA stellten darauf ihre Lebensmittellieferungen an Nordkorea ein, wo seit Jahren eine Nahrungsmittelknappheit bis hin zu Hungersnöten herrscht. Pjöngjang kündigte daraufhin auch an, weiterhin keine Inspektoren der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA einreisen zu lassen. Südkoreanische Experten rechnen nun mit einem weiteren Raketenstart oder gar einem neuen Atomwaffentest Nordkoreas.
China stoppte angeblich Abschiebungen
China stoppte derweil laut japanischen Medien die Abschiebung nordkoreanischer Flüchtlinge in ihre Heimat. Die Tageszeitung „Yomiuri Shimbun“ berichtete Mittwoch unter Berufung auf chinesische Quellen, abgefangene bzw. zurückgeschobene Flüchtlinge müssten in Nordkorea derzeit um ihr Leben fürchten. Zudem sei China beunruhigt, weil sein Verbündeter es nicht über den Raketenstart informiert habe.
Peking und Pjöngjang haben ungeachtet bestehender Differenzen in der Frage des nordkoreanischen Atomprogramms stets den privilegierten Charakter ihrer Beziehungen hervorgehoben. Im Koreakrieg (1950–53) kämpfte das kommunistische China mit einer Armee von über einer Million sogenannter „Freiwilliger“ an der Seite der Nordkoreaner gegen die US-geführten UNO-Truppen, die Südkorea gegen die den Krieg auslösende nordkoreanische Offensive schützten und Nordkorea vorübergehend beinahe besiegt hätten.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.04.2012)