Bahrains Opposition nützt das Formel-1-Wochenende für Proteste. Für das Rennwochenende hat die Protestbewegung drei „Tage des Zorns“ ausgerufen. Die Rennbosse geben sich allerdings weiterhin gelassen.
Kairo/Manama. „Vereint – eine Nation feiert gemeinsam“ prangt als Motto über dem Tempodrom von Bahrain. Seit Tagen drapieren Arbeiter die Tribünen 30 Kilometer vor den Toren der Hauptstadt Manama mit den dunkelrot gezackten Nationalflaggen. Mehr als 100.000 Zuschauer erwarten die Veranstalter am kommenden Wochenende zum „Großen Preis von Bahrain“.
Im Jahr zuvor musste der Grand Prix wegen der schweren inneren Unruhen abgesagt werden. Diesmal will man der Weltöffentlichkeit demonstrieren, dass in Bahrain alles wieder in Ordnung ist – trotz drei Dutzend getöteter Demonstranten, wahllos eingesperrter Oppositioneller und ständiger Scharmützel zwischen Jugendlichen und der Polizei.
Für das Rennwochenende hat die Protestbewegung jedenfalls drei „Tage des Zorns“ ausgerufen. „Freiheit statt Formel 1“ und „Wir sind Menschen ohne Rechte“ stand auf den Plakaten von Demonstranten, die sich während der Anreise der Teams entlang der Flughafenstraße postiert hatten. In der Nacht auf Donnerstag folgten dann in mehreren schiitischen Ortschaften rund um Manama erste schwere Straßenschlachten.
„Nieder mit König Hamad“, skandierte die Menge. „Wir beugen uns nicht vor diesem korrupten Regime, wir beugen uns nur vor Allah.“ Und wie es aussieht, könnten sich die Unruhen in den nächsten Nächten trotz aller Sicherheitsvorkehrungen zu neuerlichen Massenprotesten ausweiten. Vorsorglich ließ das Königshaus mehr als 80 Aktivisten festnehmen, die in den Schiiten-Vierteln als Meinungsführer gelten.
Gespaltenes Land
Die Rennbosse aber geben sich weiter gelassen. „Wir mischen uns nicht in die Politik eines Landes ein. Es wird nichts passieren, ich kenne die Leute hier“, versicherte Bernie Ecclestone, Chef der „International Automobile Federation“ (FIA). Auch Vorjahresweltmeister Sebastian Vettel plädiert gegen einen Boykott. „Wir sollten uns nicht den Kopf zerbrechen über eine Sache, die uns nichts angeht“, sagte er gegenüber der BBC.
In Bahrain, dem kleinen Inselstaat im Persischen Golf, ist seit mehr als einem Jahr nichts mehr normal. Die Gesellschaft ist heillos gespalten, die Ereignisse der letzten 14 Monate haben tiefe Wunden geschlagen. Die Mehrheit der 530.000 Bahrainer sind Schiiten. Sie fühlen sich von den sunnitischen Herrschern politisch und wirtschaftlich benachteiligt, klagen über systematische Diskriminierungen bei der Arbeits- und Wohnungssuche.
Viele ihrer jungen Leute sind arbeitslos, obwohl in Bahrain mindestens 600.000 Gastarbeiter aus Europa und Asien beschäftigt sind. Schiitische Dörfer wirken ärmlich und vernachlässigt. Und die nach den Unruhen vom Königshaus angekündigten politischen Reformen beurteilen internationale Organisationen wie „Amnesty International“ als „oberflächlich und halbherzig“. Nach wie vor gebe es zahlreiche Berichte über Folter und dem Einsatz unverhältnismäßiger Gewalt durch die Polizei, heißt es in der 58-seitigen Analyse. Auch sei bisher kein Befehlshaber der Sicherheitskräfte für die Massenfolter von Gefangenen im Frühjahr 2011 zur Verantwortung gezogen worden. Noch weiter geht die „International Crisis Group“ (ICG). Sie warnte kürzlich davor, trotz einer Fassade von Normalisierung schlittere Bahrain erneut „in eine Explosion der Gewalt“.