"Schlächter von Srebrenica" zeigt keine Reue vor Gericht

UNTribunal Prozess gegen ExMilitaerchef
UNTribunal Prozess gegen ExMilitaerchef(c) REUTERS (� POOL New / Reuters)
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Der frühere serbische General Ratko Mladic muss sich wegen Völkermordes vor einem UN-Tribunal verantworten. Mit erhobenen Daumen betrat er das Gericht. Während den Ausführungen des Klägers fing er immer wieder an zu klatschen.

Vor dem UNO-Tribunal für Kriegsverbrechen im früheren Jugoslawien (ICTY) hat am Mittwoch der jahrelang erwartete Prozess gegen den ehemaligen Militärchef der bosnischen Serben, Ratko Mladic, begonnen. Die „Finger Mladics" seien in allen Verbrechen sichtbar, die seine Truppen an der Bevölkerung in Bosnien verübt hätten, hielt der Ankläger Dermot Groome zum Auftakt fest. Traurige Berühmheit erlangte das Massaker in Srebrenica. 7000 bosniakische Männer wurden dort vor den Augen von UN-Blauhelmen aussortiert und ermordet. Die Verlesung der Anklageschrift war eigentlich mit sechs Stunden anberaumt gewesen, konnte aber schon nach vier Stunden beendet werden.

Laut Groome sei mit den verübten Verbrechen der Plan verfolgt worden, Bosnien zu zerschlagen und auf dessen Gebiet einen serbischen Staat zu errichten. Die Pläne des früheren Präsidenten Radovan Karadzic vom Mai 1992 hatten zum Ziel, die serbische Bevölkerung von der nichtserbischen - Bosniaken (Muslime) und Kroaten - zu trennen. Mladic habe von Anfang an gewusst, dass es um die „Deportation und die ethnische Säuberung de Gebietes" ging, so Groome. „Die Führer der bosnischen Serben haben mit Angriffen auf ihre Mitbürger in Bosnien begonnen, nur weil sie anderer Religion oder Volksgruppe waren", erläuterte der Ankläger.

--> Auszüge aus der Anklageschrift

Weiters schilderte Groome die 44-monatige Beschießung der bosnischen Hauptstadt Sarajevo sowie die Aktivitäten der Scharfschützen. Sie verfolgten das Ziel, die Zivilbevölkerung einzuschüchtern und zu terrorisieren, sagte Groome. Als Beispiel führte er den Tod eines siebenjährigen Buben an. Er war von einem Scharfschützen getötet worden, als er an der Seite seiner Mutter eine Straße überquerte.

Schwerste Kriegsverbrechen seit II. Weltkrieg

Die Anklage belastet Mladic in elf Punkten unter anderem für das Massaker in Srebrenica, wo von bosnisch-serbischen Truppen im Juli 1994 mehr als 7000 bosniakische Männer vor Augen der Blauhelmen aussortiert und später ermordet wurden. Es geht um das schwerste Kriegsverbrechen in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg. Weiters wird dem Ex-General Genozid in sieben weiteren Gemeinden angelastet. Andere Anklagepunkte betreffen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Verstöße gegen die Kriegsgepflogenheiten.

Am Mittwoch erschien der Angeklagte im Gerichtssaal im dunkelgrauem Anzug, hellem Hemd mit dunkler gemusterter Krawate. Bevor er sich setzte, hob Mladic die Daumen und klatschte in die Hände - ebenso bei einigen Ausführungen des Anklägers. Mittels Zeichensprache kommunizierte er offenbar auch mit dem Publikum, wo sich auch Familienangehörige der Opfer befanden. Der Angeklagte und das Publikum wurden nach einer der Verhandlungspausen vom Senatsvorsitzenden Alphons Orie „wegen unanständiger Kommunikation" gemahnt.

Kriegsverbrecher-Prozess gegen Ratko Mladic
Kriegsverbrecher-Prozess gegen Ratko Mladic

Fehler der Ankläger?

Richter Orie kündigte auch die Möglichkeit an, die Zeugenanhörung wegen eines Fehlers der Ankläger zu verschieben. Die Anklage hatte der Verteidigung wichtige Beweisunterlagen erst mit großer Verspätung zugestellt. Laut dem ursprünglichen Plan soll ein erster Zeuge, Elvedin Pasic, der zum Kriegsbeginn gerade 14 Jahre alt war, am 29. Mai aussagen. Die Ankläger wollen ihre Beweise mit Hilfe von 413 Zeugen vorführen. Vorgeladen werden eigentlich nur 148, andere haben bereits schriftliche Aussagen gemacht. Für die Beweisvorführung sind rund 200 Stunden vorgesehen.

In Bosnien-Herzegowina wurde der Prozessbeginn in beiden Landesteilen von mehreren TV-Sendern direkt übertragen. In Serbien hingegen war das Interesse am Prozess sehr überschaubar. Dort gilt der Armeeführer gar als "wichtige historische Persönlichkeit".

(APA/Red.)

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