Der Dalai-Lama im Land des Lächelns

(c) Dapd (Gert Eggenberger)
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Witz und Weisheiten: Tausende wollten in Kärnten den Dalai-Lama live erleben. Sie wurden nicht enttäuscht.

„Hello. Good morning, everybody.“ Mit einer simplen Begrüßung erklimmt er die mit roten und goldenen Stoffbahnen dekorierte Bühne, macht es sich auf einem Polstersessel bequem, strahlt via Großbild-Leinwand ins Publikum – und legt los mit seinen Erklärungen zur buddhistischen Lehre.

Der Dalai-Lama ist auf Österreich-Tour, die ihn in elf Tagen von Klagenfurt über Salzburg nach Wien führt. Und bei seinem ersten Stopp in der Kärntner Landeshauptstadt kamen Tausende – vor allem Nicht-Buddhisten –, um den spirituellen Ausführungen des religiösen Oberhaupts zuzuhören.

In der kahlen Klagenfurter Messehalle 5 herrscht Stille. Fast zwei Stunden lang spricht der Dalai-Lama, wobei er betont, nicht missionieren zu wollen. Erklären will er, und so zum besseren Verständnis der Religionen beitragen. Pausen gibt es für ihn nur, wenn er seinem deutschen Übersetzer das Wort überlässt. Oder wenn er den Mönchen, die neben ihm auf dem Boden sitzen, beim Rezitieren von Gebeten zuhört.

Auf dem für ihn aufgebauten Thron will „Seine Heiligkeit“ nicht Platz nehmen, und erklärt mit einem spitzbübischen Lächeln, dass er sich selbst als einfacher Mönch sieht – auch wenn manche ihn – je nach Sichtweise – als „Gottkönig“ oder „Dämon“ bezeichneten. „Alles Unsinn“, sagt er, und sein donnerndes Lachen hallt durch den Raum. Die meisten der Besucher, die bis zu 150 Euro Eintritt für die „buddhistischen Unterweisungen“ gezahlt haben, wollen einmal im Leben den Dalai-Lama live sehen und seine Rezepte zu Spiritualität und Gelassenheit mit auf den Weg bekommen. Unter junge Frauen mit Hippie-Röcken, Männer mit Dreadlocks und „Save-Tibet“-T-Shirts mischen sich ältere Zuhörer in Trachtenjankern und Goretex-Jacken. Als orangerote Farbkleckse stechen die Mönche hervor, von denen auffallend viele aus dem benachbarten Italien angereist sind, sowie Exiltibeter in traditioneller Kleidung.

Immer gut gelaunt. Sie arbeiten freiwillig als Platzanweiser, Kartenkontrolleure oder verteilen Flugblätter – so wie Migmar Dhakyel. Gemeinsam mit einer Gruppe junger Tibeter begleitet die 20-Jährige den Dalai-Lama bei seiner Tour. Ihr Anliegen ist weniger spiritueller als politischer Natur. „Wir wollen alle Besucher über die Situation in Tibet informieren“, erklärt die junge Frau in breitem Schweizer Dialekt. Sie ist in Zürich geboren und aufgewachsen. Obwohl sie noch nie in der Heimat ihrer Vorfahren war, ist sie seit Längerem politisch aktiv. „Wir haben das Gefühl, dass die Österreicher gut über die Lage in Tibet informiert sind,“ sagt sie.

Seine religiösen Vorträge hält der Dalai-Lama frei von politischen Botschaften. Erst bei einer Pressekonferenz nimmt er Stellung. Die starke Zensur in China sei „unmoralisch“, denn so würde den 1,3 Milliarden Chinesen die Möglichkeit genommen, sich selbst ein Urteil zu bilden – eben auch über die Situation in Tibet. Immer wieder habe er erlebt, dass Chinesen nicht über die prekäre Lage in seinem Heimatland Bescheid wussten. Die Tibeter selbst hätten den Weg der Demokratie eingeschlagen.

Gute Laune und ein entwaffnendes Lächeln sind die Markenzeichen des energiegeladenen Dalai-Lama. Dass er Hilfe braucht, wenn er die Stufen auf und von der Bühne klettert, erklärt er mit Augenproblemen. Er müsse sich einer Operation unterziehen. Stets bereit, dem Dalai-Lama zu helfen, ist Kärntens Landeshauptmann Gerhard Dörfler (FPK). Mit einem ebenso strahlenden Lächeln wie sein Gast spricht er von „Tagen der Sonne“, die Kärnten durch den Besuch „Seiner Heiligkeit“ beschert seien, und lässt es sich nicht nehmen, den Dalai-Lama während seiner Kärntenreise persönlich zu betreuen.

Ehren und Orden.
Bei einem morgendlichen Empfang am Neuen Platz in Klagenfurt ehrt Dörfler – samt weißem Schal, den er als Geschenk des Dalai-Lama erhalten hat – den „Botschafter des Friedens“. Unter den Klängen der Stadtkapelle schreibt der Dalai-Lama in das dicke Stadtbuch und nimmt die Ehrenmedaille der Stadt entgegen. Später erhält er noch den Großen Kärntner Landesorden in Gold.

Kinder in bunten Trachten, Blasmusik und Volkstanz – und ein im Takt klatschender Dalai-Lama. Die ganze Stadt- und die halbe Landesregierung lässt sich dieses Spektakel nicht entgehen. Und der Dalai-Lama dankt es ihnen mit Weisheiten, mit Händeschütteln – und mit Lächeln.

Termine

21.Mai 2012 Salzburg
9.30 Uhr: „Weltfriede und universelle Verantwortung“, Messezentrum.

21.Mai Salzburg13.30 Uhr: „Harmonie in der Vielfalt“, Messezentrum.

25.Mai Wien
13.30 Uhr: „Jenseits von Religion – Ethik und menschliche Werte in der heutigen Gesellschaft“, Stadthalle.

26.Mai Wien
9.30 Uhr: SymposiumBuddhismus und Wissenschaft, Audi-max Universität Wien.

26.Mai Wien
ab 15 Uhr: Kundgebung am Heldenplatz. Der Dalai-Lama spricht um ca. 16 Uhr.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.05.2012)

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