Hunderte übernachteten in Kairos Stadtzentrum. Sie protestieren gegen den Freispruch von sechs Sicherheitschefs des zu lebenslanger Haft verurteilten Ex-Machthabers. Büros des Präsidentschaftskandidaten Shafik wurden erneut verwüstet.
Hunderte Menschen haben die Nacht auf Sonntag auf dem Tahrir-Platz in Kairo verbracht. Sie protestierten gegen den Freispruch von sechs ehemaligen Sicherheitschefs des Regimes von Hosni Mubarak. Der ehemalige Machthaber selbst war am Samstag zu lebenslänglicher Haft verurteilt worden. Einige Demonstranten schliefen in Zelten oder auf dem Asphalt.
Rund 20.000 Menschen hatten sich zuvor auf dem Platz im Zentrum der ägyptischen Hauptstadt versammelt, um gegen den Freispruch zu demonstrieren. Auf Spruchbändern kündigten sie eine "neue Revolution" im Namen der "Märtyrer" an, die bei Demonstrationen Anfang 2011 getötet worden waren.
Kurzzeitig gesellte sich auch der Präsidentschaftskandidat der Muslimbrüder, Mohamed Morsi, zu den Demonstranten. Der Islamist rief seine Landsleute zur Fortsetzung der "Revolution" auf. Bei der Stichwahl am 16. und 17. Juni stehen sich Morsi und Mubaraks letzter Regierungschef Ahmed Shafik gegenüber.
Wahlkampfbüro von Shafik gestürmt
Shafik war von Mubarak wenige Tage vor dessen Rücktritt noch zum Ministerpräsidenten einer Übergangsregierung ernannt worden. Er forderte die Ägypter auf, den Richterspruch gegen den Ex-Präsidenten zu akzeptieren. Dieser habe gezeigt, dass in Ägypten niemand über dem Gesetz stehe, zitierten ihn die staatlichen Medien. Wahlkampfbüros von Shafik wurde indessen in der Nacht erneut gestürmt - sowohl in der Nähe von Kairo, als auch im Badeort Hurghada am Roten Meer.
Die Büros seien verwüstet, jenes in Kairo in Brand gesetzt worden, sagte ein Vertreter der Sicherheitsdienste. Erst vor knapp einer Woche hatten Unbekannte ein Büro des Präsidentschaftskandidaten in Brand gesetzt, nachdem dieser den Einzug in die Stichwahl geschafft hatte.
Vom Offizier aus der Provinz zum ''Pharao''
Mubarak fasst lebenslänglich aus
Mubarak war am Samstag wegen seiner Verantwortung für die tödliche Gewalt gegen die Demonstranten zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Das Gericht verurteilte auch seinen früheren Innenminister Habib al-Adli wegen der Vorfälle zu lebenslanger Haft. Sechs ehemalige Sicherheitschefs wurden dagegen freigesprochen.
Beim gewalttätigen Vorgehen gegen die Demonstranten Anfang 2011 waren Schätzungen zufolge etwa 850 Menschen getötet worden. Die damaligen Demonstrationen lösten den Sturz Mubaraks aus. Seitdem wird Ägypten von einem Militärrat regiert, gegen den sich die Wut der Demonstranten nun richtet.
Die Muslimbrüder würden Ägypten ins Mittelalter zurückführen, sagt der Präsidentschaftskandidat. Den Jungen gilt er als Mubarak-Mann. Der Militärrat soll indes zwei Varianten der Verfassung planen.
Hosni Mubarak (84) war im Prozess die Todesstrafe erspart geblieben. Angehörige der Opfer politischer Gewalt stellen nach dem Mubarak-Prozess die Justizbehörden infrage.
Ägyptens Ex-Staatschef wurde am Samstag wegen der Tötung revoltierender Zivilisten durch die Sicherheitskräfte verurteilt. Das Urteil war für die einen überraschend hart, für viele andere aber immer noch zu mild.