Mubarak-Urteil beeinsprucht

MubarakUrteil beeinsprucht
MubarakUrteil beeinsprucht(c) REUTERS (AMMAR AWAD)
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Hosni Mubarak (84) war im Prozess die Todesstrafe erspart geblieben. Angehörige der Opfer politischer Gewalt stellen nach dem Mubarak-Prozess die Justizbehörden infrage.

Kairo. Eine harte Strafe und doch keine Gerechtigkeit – so empfinden es viele Ägypter. Sie stehen hinter der am Sonntag vom Ankläger angekündigten Berufung gegen die Urteil über Ex-Staatschef Hosni Mubarak, seine Söhne und Verantwortliche in der Polizei. „Das Volk fordert die Säuberung der Justiz“, skandierten Angehörige der 850 Opfer der Polizeigewalt während des Bürgeraufstandes von Anfang 2011. Nach der Urteilsverkündung am Samstag waren Unruhen ausgebrochen, die sich rasch von Kairo auf zahlreiche weitere Städte Ägyptens übergriff, darunter Alexandria, Suez und Ismailia ausbreiteten.

Hosni Mubarak (84) war im Prozess die Todesstrafe erspart geblieben. Empört aber sind die Bürger vor allem über die Freisprüche für die Mubarak-Söhne Alaa und Gamal sowie für die sechs mitangeklagten Polizeigeneräle. Und so könnte der Ausgang des historischen Prozesses das post-revolutionäre Ägypten zwei Wochen vor der Stichwahl um die Präsidentschaft ein weiteres Mal in schwere Turbulenzen stürzen.

Die Staatsanwaltschaft hatte Alaa und Gamal Mubarak vorgeworfen, sich als Mitglieder der Herrscherfamilie auf Staatskosten bereichert zu haben. Ihre im Prozess angeklagten Taten liegen indes mehr als zehn Jahre zurück und sind daher nach Auffassung des Gerichtes verjährt. Beide bleiben jedoch in Haft, weil ihnen ein zweiter Prozess wegen illegalen Aktienhandels gemacht werden soll. Den sechs Polizeigenerälen, die wegen der Schüsse auf Demonstranten angeklagt waren, konnte nach Meinung der Richter nicht nachgewiesen werden, dass sie Teil der tödlichen Befehlskette waren. Ihr Vorgesetzter, der frühere Innenminister Habib al-Adly, bekam wie Mubarak lebenslange Haft.

Zurück auf den Tahrir-Platz

Am Samstagabend strömten bereits mehr als 20.000 Menschen auf dem Tahrir-Platz in Kairo zusammen und errichteten mit symbolischen Grabsteinen ein Mahnmal für die bei der 18-tägigen Revolution Getöteten. Auch den gesamten Sonntag über campierten einige tausend Demonstranten auf dem legendären Kreisverkehr, der im Jänner 2011 zum Zentrum des Volksaufstandes gegen das Regime geworden war.

Der Präsidentschaftsbewerber der Moslembruderschaft in der Stichwahl, Mohamed Mursi, erschien für etwa 15 Minuten in der Menge, ebenso wie seine in Runde eins ausgeschiedenen Konkurrenten Abdul Moneim Abolfotoh und Hamdeen Sabahi. Mursis Sprecher warf den Staatsanwälten vor, sie hätten zu schlampig gearbeitet und kündigte an, sollte Mursi zum Präsidenten gewählt werden, werde er alles tun, damit Mubarak nie mehr frei komme.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.06.2012)

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