Eurozone: Der neue Weg „raus aus den Schulden“

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Symbolbild(c) EPA (KARL-JOSEF HILDENBRAND)
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In der Eurozone zeichnet sich Einigung auf einen Schuldentilgungsfonds ab. Er bringt eine goldene Brücke zwischen Spardiktat und gemeinsamer Schuldenfinanzierung. Für Österreich würde dies teurer als heute.

Um eine weitere Eskalation der Schuldenkrise zu vermeiden, wird in der Eurozone erstmals ernsthaft über eine gemeinsame Tilgung von überhöhten Schulden beraten. Den Weg „raus aus den Schulden“ soll eine Kombination aus Sparverpflichtungen und niedrigen Zinsen ebnen. Die Idee stammt vom deutschen „Sachverständigenrat“, einem Gremium, dem fünf hochrangige Wirtschaftsprofessoren angehören, darunter Peter Bofinger und Lars P. Feld.

Die Chancen für eine Realisierung des Fonds stehen gut: Diese Woche sprach sich eine Mehrheit im Europaparlament für den Fonds aus, und auch von der deutschen Regierung kommen erstmals positive Signale, nachdem ihn Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zuletzt noch vehement abgelehnt hat. Das Modell würde im Sinn der deutschen Regierung den Spardruck erhalten, aber die Umsetzung des Schuldenabbaus für hoch verschuldete Staaten erleichtern. Außerdem würde der Fonds die No-Bail-out-Klausel im EU-Vertrag nicht infrage stellen, weil vorgesehen ist, dass jedes Land für sich selbst haftet. Und auch aus Sicht des neuen französischen Präsidenten François Hollande hätte der Fonds Charme, käme er doch seiner Forderung nach Einführung von Eurobonds zur gemeinsamen Finanzierung von Staatsschulden nahe. Aus der Euro-Arbeitsgruppe, die sich in Brüssel mit dem Krisenmanagement befasst, kommen ebenfalls positive Stimmen. „Er hat Vorteile, ersetzt aber nicht à la longue eine bindende Kontrolle der Budgets“, hieß es auf Anfrage der „Presse“.

In den Schuldentilgungsfonds sollen alle Staatsschulden, die ein Maß von 60 Prozent des BIPs übersteigen, übergeführt werden. Das wäre derzeit ein Volumen von 2,3 Billionen Euro (siehe Grafik). Sie werden dann durch gemeinsame Anleihen finanziert. Die Eurostaaten müssten dafür je nach Schuldenhöhe mit Gold- oder Währungsreserven haften. Durch diese Konstruktion würde zwar jeder Staat für seine eigenen Schulden geradestehen, aber gemeinsam ein relativ niedriger Zinssatz erreicht werden. Damit soll es hoch verschuldeten Ländern wie Italien leichter fallen, Schulden abzubauen. Denn derzeit steigen Jahr für Jahr die Zinsen für die Finanzierung ihrer ausufernden Staatsschulden, und eine Tilgung verlangt immer höhere Einsparungen. Italien musste zuletzt für zehnjährige Anleihen 6,171 Prozent Rendite zahlen.

Laufzeit von bis zu 25 Jahren

Ein gemeinsamer Tilgungsfonds soll den Zinsdruck von den Eurostaaten nehmen, sie aber gleichzeitig zu einem eisernen Sparkurs verpflichten. Er wäre somit auch eine goldene Brücke für die aktuelle Diskrepanz zwischen Spar- und Wachstumspolitik in der EU. Das Modell der deutschen Wirtschaftsprofessoren sieht nämlich einen „Schuldentilgungspakt“ vor, der auf dem politisch vereinbarten Fiskalpakt beruht. Darin verpflichten sich die Teilnehmerstaaten, innerhalb von längstens 25 Jahren ihre Schulden auf die Maastricht-Grenze von 60 Prozent zu senken. Der Tilgungsfonds soll dann auslaufen. Im Pakt ist vorgesehen, dass die Teilnehmerländer bei Bedarf einen Teil ihrer Steuereinnahmen zum Schuldenabbau zweckbinden. Außerdem müssen sie Konsolidierungs- und Strukturreformpläne vorlegen. Wer die Vorgaben nicht erfüllt, muss sich wieder selbst auf den Finanzmärkten zu hohen Zinsen finanzieren. Zum Unterschied zu den umstrittenen Eurobonds soll der Schuldentilgungsfonds sowohl zeitlich als auch in seinem Volumen beschränkt werden. Durch jede einzelne Rückzahlung würde das Volumen des Fonds schrumpfen.



Für Länder wie Österreich oder Deutschland, die sich derzeit mit äußerst günstigen Zinsen finanzieren, brächte der Schuldentilgungsfonds für jenen Teil ihrer Schulden, der 60 Prozent des BIPs übersteigt, höhere Zinsen. So zahlt Österreich derzeit für zehnjährige Anleihen lediglich 2,418 Prozent. Für den Fonds wird die Zinshöhe derzeit auf 3,0 bis 3,3 Prozent geschätzt. Allerdings hätte der Fonds den Vorteil, dass er das Risiko eines Auseinanderbrechens der Eurozone deutlich reduzieren würde.

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