Der Warlord droht mit der Fortsetzung seiner Offensive gegen die Hauptstadt Tripolis. Das Abkommen von der Berlin ist zunehmend Makulatur.
Eigentlich hätte es Libyen wieder auf den Pfad des Friedens lenken sollen. Doch nun liegt das Berliner Abkommen vom Jänner de facto in Scherben. General Khalifa Haftar hat in einer TV-Ansprache gedroht, seine Offensive gegen die Hauptstadt Tripolis fortzusetzen. Er behauptete zudem, „das Mandat des Volkes“ zu besitzen, um das ganze Land zu regieren. Die von ihm kontrollierte Libysche Nationalarmee (LNA) werde diesem Wunsch der Bevölkerung auch nachkommen.
Haftar hat im April vergangenen Jahres seine Operation gegen Tripolis gestartet – mit dem Ziel, die teils islamistischen Milizen der Stadt und die international anerkannte Einheitsregierung zu vertreiben. Haftars Truppen gelang es zwar, in Teile von Tripolis vorzurücken – etwa in das Gebiet rund um den früheren internationalen Flughafen. Erobern konnten sie die Hauptstadt aber nicht.
Im Jänner waren auf Betreiben der deutschen Regierung die Vertreter der libyschen Konfliktparteien samt ihrer Unterstützer in Berlin zusammengekommen. Sie einigten sich dort auf eine Erklärung, die zunächst hoffnungsfroh stimmen sollte. So wurde unter anderem bekräftigt, dass das – eigentlich schon seit 2011 geltende Waffenembargo – nun wirklich umgesetzt und überwacht werden solle. Die internationalen Schutzmächte der Kriegsparteien setzten dessen ungeachtet ihre militärische Hilfe aber fort.
Verwunderung in Moskau
Die international anerkannte Regierung in Tripolis wird vor allem von der Türkei mit Ausrüstung und dem Einsatz von Kampfdrohnen unterstützt. Die Vereinigten Arabischen Emirate fliegen mit ihren Drohnen Einsätze für Haftar, dem neben mehreren anderen Ländern auch Russland zur Seite steht. In Moskau zeigte man sich am Dienstag über die jüngste harsche Ankündigung Haftars aber zunächst verwundert.
General Haftar kontrolliert vor allem den Osten und den Süden des Landes. Die Einheitsregierung des Premiers Fayez al-Sarraj hat in Tripolis ihre Basis. Unterstützung für Sarraj kommt zudem von mächtigen Städten wie Misrata.
„Abkommen hat das Land zerstört"
Die Einheitsregierung hatte Anfang 2016 die Arbeit aufgenommen. Sie war auf Betreiben der UNO gebildet worden - als vorläufiger Kompromiss im Zuge eines Abkommens, das Ende 2015 zwischen den Bürgerkriegsparteien geschlossen worden war. Haftar bekräftigte nun in seiner TV-Ansprache, dass diese Vereinbarung für ihn nicht mehr gelte: Das Abkommen habe Libyen zerstört und gehöre nun der Vergangenheit an.