Evgeny Nikitin: Der fliehende Holländer

Evgeny Nikitin
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Die 101. Bayreuther Festspiele wurden von einem Eklat und ihrer braunen Vergangenheit eingeholt. Der Sänger der Titelpartie musste gehen, jetzt meldet er sich zu Wort.

In Bayreuth wird der rote Teppich ausgerollt: Zum Auftakt der Richard-Wagner-Festspiele am heutigen Mittwoch, 25. Juli hat sich Prominenz aus Politik, Gesellschaft und Wirtschaft angesagt - allen voran die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die als großer Fan von Wagner-Opern gilt. Die Neugierde auf die Premiere dürfte heuer besonders groß sein, gab es doch bereits Tage vor der Eröffnung einen handfesten Eklat: Evgeny Nikitin, als Sänger für die Titelpartie in der Oper "Der Fliegende Holländer" vorgesehen, sagte auf Druck der Festspielleitung seine Auftritte wegen eines angeblichen Nazi-Tattoos ab. Nun singt der Südkoreaner Samuel Youn.

Nazitum ist "verabscheuungswürdig"

Wie "3Sat" berichtet, hat der Bassbariton mittlerweile einen offenen Brief veröffentlicht, in dem er sich von den Vorwürfen distanziert: "Ich habe niemals im Leben irgendwelchen politischen Gruppierungen - weder linken noch rechten - angehört und gehöre keinen solchen an. Der Nationalsozialismus ist für mich in jeglichen seiner Erscheinungen zutiefst verabscheuungswürdig". Außerdem erklärt er, bei besagtem Tattoo - es wurde auf einem Videomitschnitt entdeckt, als er noch Drummer einer Hard Rock Band war - handele es sich nicht um ein Hakenkreuz, sondern um skandinavische Runen.

Braun durchtränkter Boden

Die Bayreuther Festspielleiterinnen haben ihrerseits jede Kritik an angeblichen Versäumnissen bei der Vergangenheitsbewältigung der Festspiele zurückgewiesen. "Historiker sind dabei, das aufzuarbeiten", sagte Katharina Wagner am Mittwoch wenige Stunden vor der Eröffnung der Richard-Wagner-Festspiele. Sie und ihre Halbschwester Eva Wagner-Pasquier hätten dafür alle ihnen zugänglichen Unterlagen zur Verfügung gestellt. Wer im Festspielhaus auf der Bühne steht, betritt geschichtsträchtigen Boden, der einst tiefbraun durchtränkt war. Adolf Hitler ging beim Wagner-Clan im Haus Wahnfried ein und aus. Auf dem Festspielhügel wehten Hakenkreuz-Fahnen.

200. Geburtstag des Festspielvaters

Außerdem sind in Bayreuth in diesem Jahr die Werke "Tristan und Isolde" (Christoph Marthaler/Peter Schneider) und "Parsifal" (Stefan Herheim/Philippe Jordan) zu sehen. 2012 ist das zweite "Ring"-freie Jahr hintereinander am Grünen Hügel, nachdem Tankred Dorsts Inszenierung 2010 auslief. Erst im kommenden Jahr wird der "Ring des Nibelungen" - zum 200. Geburtstag Richard Wagners - in der Regie von Frank Castorf wieder auf die Bühne kommen.

(Ag./sh.)

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