Eurokrise. Geht es nach den Plänen der deutschen Bundeskanzlerin, soll ein Konvent einen neuen EU-Vertrag ausarbeiten. Indes herrscht Uneinigkeit, ob man Griechenland einen Zeitaufschub für Reformen gewähren soll.
Berlin/Paris/Ag. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) drängt auf einen neuen EU-Vertrag. Der bereits beschlossene Fiskalpakt für mehr Budgetdisziplin soll um eine politische Union erweitert werden. So könnten die einzelnen Staatshaushalte künftig enger koordiniert werden. Bei einem EU-Gipfel im Dezember soll beschlossen werden, wann ein Konvent seine Arbeit aufnehmen soll, berichtet das Nachrichtenmagazin „Spiegel“.
In vielen anderen Ländern geht es hingegen weniger um die Frage, wann ein solcher Vertrag beschlossen werden soll, sondern ob überhaupt. Einige Länder wie Irland scheuen das Risiko einer neuerlichen Volksabstimmung, die ein solcher Vertrag notwendig machte. Doch auch Länder wie Polen sind dagegen, weil sie wenig Chancen für einen diesbezüglichen Kompromiss sehen. Der geltende Lissabon-Vertrag ist erst seit drei Jahren in Kraft. Eine im Jahr 2003 ausgearbeitete Verfassung war an Volksabstimmungen in Frankreich und den Niederlanden gescheitert. Der Lissabon-Vertrag wurde von den Iren erst im zweiten Anlauf angenommen. Für Österreich hat sich Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) darauf festgelegt, zu einem neuen Vertrag das Volk abstimmen zu lassen.
Faymann sprach sich indes auch für eine Verlängerung der Rückzahlungsfristen Griechenlands für seine Krediten aus, sollte sich Athen an die Reformvereinbarungen mit der EU halten.
Fekter widerspricht Faymann
Der griechische Ministerpräsident Antonis Samaras bemühte sich dieser Tage, bei den Gläubigerstaaten einen Zeitaufschub zu erreichen, stieß aber bis dato auf taube Ohren. Der Aufschub könne durchaus zwei bis drei Jahre umfassen, meinte hingegen Faymann zur Zeitung „Österreich“.
Anderer Ansicht ist Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP): Sie sprach sich im Interview mit der „NZZ am Sonntag“ gegen einen Zeitaufschub aus. Das Land müsse vielmehr neben dem Schuldenabbau eine effizientere Organisation aufbauen und staatliche Besitztümer privatisieren. „Jetzt nochmals die Zeit zu verlängern, ohne etwas zu verändern, das geht nicht.“
In die gleiche Kerbe schlägt der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). „Mehr Zeit heißt im Allgemeinen mehr Geld“, sagte der Politiker dem Berliner „Tagesspiegel am Sonntag“. Das sei aber nicht der richtige Weg, um die fundamentalen Probleme der Eurozone zu lösen. Erst Ende 2011 sei nach schwierigen Verhandlungen das zweite Rettungsprogramm für Griechenland verabschiedet worden, das eine Laufzeit von drei Jahren habe. „Wenn das nach einem halben Jahr nicht mehr ausreicht, wäre das keine vertrauensbildende Maßnahme“, sagt Schäuble.
Auch Kanzlerin Merkel machte Griechenland keine Zugeständnisse in Richtung Zeitaufschub, sprach sich aber deutlich für einen Verbleib Griechenlands in der Eurozone aus. Sie kenne auch niemanden in der gesamten Bundesregierung, der das nicht wolle.
Diese Meinung teilen nicht alle. CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt etwa meinte, an einem Austritt Athens aus der Eurozone führe kein Weg vorbei. „Ich sehe Griechenland 2013 außerhalb der Eurozone“, sagte er. Für Griechenland könne es nicht immer nach dem Motto „einmal Eurozone, immer Eurozone“ gehen.
Kritik an „Griechenland-Mobbing“
Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle (FDP) forderte daraufhin ein Ende des „Griechenland-Mobbings“ der CSU, das deutschen Interessen schade. Kritik kommt auch von der Opposition. „Griechenland darf nicht aus der Währungsunion hinausgetrieben werden, auch nicht durch die Reden deutscher Politiker“, sagte Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) zur „Welt am Sonntag“.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.08.2012)