TV-Kritik: Das Taferl hält der andere hoch

ORF-„Sommergespräch“ Armin Wolf gegen Heinz-Christian Strache: Nur die Wespe sticht nicht.

Politisches „Sommergespräch“ also. Da denkt man an eine Heurigenbank im Freien, Fragen über den Menschen hinter dem Politiker, an Insekten, die vom Scheinwerferlicht angezogen um Politikerköpfe kreisen. Immerhin. Eine Wespe interessiert sich gegen Ende des dritten ORF-„Sommergesprächs“ am Montagabend in ORF2 dann doch für Heinz-Christian Straches Pomade. Sonst bekommen die über 800.000 Seher, die für die höchste bei diesem Format jemals erzielte Quote sorgen (danke, Armin Wolf! Danke, Heinz-Christian Strache! Danke sehr, Elisabeth T. Spira!), vom Sommerflair in der Meierei im Wiener Stadtpark eher wenig zu spüren.
Gastgeber Armin Wolf, der sich merklich Mühe mit dem Drehbuch für das einstündige Gespräch gegeben hat, will sich von Beginn an die geplante Dramaturgie nicht mehr als nötig von seinem Gesprächspartner zusammenhauen lassen. Kein Sorge, Strache tappt auch brav und prompt in alle listig gestellten Fallen (bestrittenes Plagiat einer Buchkritik, lückenhaftes Gutachten zur umstrittenen Stiftung des Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf, gestammelte Rechtfertigung zu einer antisemitischen Karikatur auf Straches Facebook-Seite, widerlegte juristische Begründung zur Blockade von Neuwahlen in Kärnten). Der Oppositionschef reagiert, wie ein FPÖ-Chef reagiert: Auf den Nachweis der Unwahrheit antwortet so einer unbeirrbar, im Nominalstil mit Kärntner Idiom, spricht dabei von sich in der dritten Person. Nur das Taferl hält 2012 der Moderator in die Höhe.

Wolf interpretiert das Interview als unterhaltsames Pingpong mit Verhörcharakter, unterbindet dadurch ermüdenden Politsprech auf Kosten der guten Stimmung. Strache kontert wenig wehleidig. Nur zu Beginn ist die Einstiegshürde fast zu hoch: Um dem Gespräch folgen zu können, sollte man das Sommergespräch zwischen Strache und Wolf 2005 präsent und den aktuellen Facebook-Eintrag von H.-C. Strache gelesen haben. Zuletzt sind die Protagonisten zumindest darüber einig, dass die Mensur, der blutige burschenschaftliche Fechtkampf, für Männer ihres Alters nicht mehr die adäquate Auseinandersetzungsform sein kann. Ersatz ist rasch gefunden: Ein reifer Mann hält sein Gegenüber mit der größeren Zahl an Friends und Followers in Schach.

florian.asamer@diepresse.com

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