Ex-First-Lady Wulff räumt in Buchform mit bösen Gerüchten auf. Klagen und Buch sollen falschen Gerüchten über eine Rotlichtvergangenheit ein Ende setzen. Was geht in dieser Frau vor?
Berlin. Bettina Wulff hatte ihren stärksten Auftritt in der Rolle der stummen Statistin. Als ihr Mann am 17. Februar seinen Rücktritt als Bundespräsident verkündete, schwer gezeichnet von medialen und politischen Attacken, stand Deutschlands First Lady aufrecht, gefasst und tapfer lächelnd an seiner Seite. Und alle Welt fragte sich: Was geht in dieser Frau vor?
Heute wissen wir es: Es war ihr übel, sie war aufgeregt und fühlte sich „absolut übernächtig". Ihre größte Sorge galt freilich der Auswahl des passenden Kostüms. Von diesen intimen Details wissen wir dank einer Art Autobiografie mit dem Titel „Jenseits des Protokolls", die Bettina Wulff unter Mithilfe einer Journalistin geschrieben hat. Seit Montag läuft sie über die Ladentische deutscher Buchhandlungen. Und warme Semmeln wirken dagegen wie Ladenhüter.
Mit einigem Abstand von dem Albtraum, den sie mit ihren Kindern durchlitten hatte, schrieb sich die 38-Jährige ihren Frust von der Seele. Nicht nur, um die These des Boulevards zu widerlegen, sie habe ihren Gatten durch ihren Hang zu Luxus und leichtem Leben zur Annahme von Geschenken reicher Freunde verleitet. Sondern vor allem, um mit den im Internet blühenden Gerüchten aufzuräumen, sie habe einst als Escortgirl „Lady Victoria" in einem Etablissement namens „Château Osnabrück" gearbeitet. „Was soll ich sagen? Das ist einfach absoluter Quatsch." 173 Seiten muss der Leser auf das erlösende Dementi warten, nach Jahren, in denen Journalisten und Politiker das heißeste Gerücht Deutschlands offiziell tabuisierten, nur um untereinander über nichts lieber zu tuscheln.
Klagen als PR-Aktion
38 Unterlassungserklärungen hat Wulffs Anwalt über den Sommer eingesammelt. Kein einziger Beschuldigter habe versucht, den Wahrheitsbeweis anzutreten: „Alle verwiesen sie darauf, sie hätten nur vorhandene Gerüchte aufgegriffen." So ist das nun mal mit der Verleumdung, die als Lüftchen beginnt, sich zum Orkan steigert und als Bestseller endet.
Vorigen Freitag wurden der Moderator Günther Jauch und die Suchmaschine Google geklagt; am Montag brachte die „Bild" ganz groß Auszüge aus dem Buch. Die konzertierte PR-Aktion zum Verkaufsstart lässt auf ein geschicktes Eigenmarketing der gelernten Medienmanagerin und früheren „Continental"-Pressereferentin schließen. Aber immerhin strengt sie sich im Gegensatz zu ihrem Gatten mächtig an, Lücken im Lebenslauf zu vermeiden. Da werden alle Jugendlieben plappernd rekapituliert:
Rettungsschwimmer Tom, Fitnessklubbesitzer Achim und Torsten, der Vater ihres ersten Sohnes. Da wird von der groschenhefttauglichen Begegnung mit Christian berichtet (im Flugzeug, nicht im Nachtklub). Dabei fand sie ihn aus der Ferne gar nicht so toll: zu glatt, ohne Ecken und Kanten, erfährt der verblüffte Leser. Die Botschaft kommt an: Diese Frau hat Schweres durchgemacht, und sie kann einfach nicht lügen.
Im Zuge dieser Beweisführung erfahren wir freilich weit mehr, als wir wissen wollen. Ein ganzes Kapitel ist dem Tattoo am Oberarm gewidmet, das Christian so „cool" findet und in Boulevardmedien Furore gemacht hat. Allen Spekulationen, wofür das stilisierte Stammeszeichen stehen könnte, setzt die selbst ernannte Normalo-Frau ein abruptes Ende: „Die Wahrheit ist ganz einfach: Das Tattoo hat keine bestimmte Bedeutung." Sie wollte es einfach haben, dieses „Stück Lebensgefühl". Und wir Leser, die Bettina Wulff nun allzu gut kennen, müssen gestehen: Wir haben es fast so befürchtet.