Die verlorene Ehre der Bettina Wulff

verlorene Ehre Bettina Wulff
verlorene Ehre Bettina Wulff(c) APN (Berthold Stadler)
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Die Ehefrau des ehemaligen deutschen Präsidenten wehrt sich gegen Berichte über ihr angebliches Vorleben im Rotlichtmilieu. Vorläufiger Höhepunkt: Klagen gegen Günther Jauch und Google.

Die Zeit der Zurückhaltung ist vorbei. Jahrelang hatte Bettina Wulff, Ehefrau des ehemaligen deutschen Bundespräsidenten Christian Wulff, zu den Gerüchten über ihr angebliches Vorleben im Rotlichtmilieu geschwiegen. Doch seit ihr Mann vor sechs Monaten das Schloss Bellevue verlassen musste, geht die 38-Jährige mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln gegen die mediale Berichterstattung über ihre Vergangenheit vor. Jüngster Höhepunkt: Am Freitag reichte Wulff beim Hamburger Landesgericht eine Klage gegen den Fernsehmoderator Günther Jauch wegen „Unterlassung falscher Tatsachenbehauptungen“ ein. Wie die „Süddeutsche Zeitung“ am Samstag berichtete, hat Jauch mittlerweile nachgegeben und Wulffs Anspruch anerkannt. Der Fall Bettina Wulff gegen Jauch bleibe aber dennoch vor dem Gericht.

Vor dem Hamburger Gericht verantworten muss sich auch Google: Wulff will verhindern, dass die Suchmaschine bei der Eingabe ihres Namens automatisch einschlägige Suchbegriffe vorschlägt – Samstagnachmittag lauteten die von Google empfohlenen Suchanfragen „Bettina Wulff Prostituierte“ und „Bettina Wulff Escort“.

Die Kampagne gegen die im Internet kursierenden Diffamierungen ist nicht neu. Nach Angaben von Wulffs Anwalt Gernot Lehr wurden in den vergangenen Monaten „zahlreiche Verlage, Journalisten und Internetaktivisten“ dazu gebracht, Unterlassungserklärungen abzugeben, „ohne auch nur zu versuchen, die falschen Darstellungen zu rechtfertigen“. Außerdem sei in einigen Fällen Schmerzengeld durchgesetzt worden – nach Recherchen der „Süddeutschen“ geht es dabei um fünfstellige Beträge. Insgesamt hätten 34 deutsche und ausländische Blogger und Medien Unterlassungserklärungen abgegeben, darunter der „Stern“ und die „Berliner Zeitung“ – sowie die Mediengruppe „Österreich“.

Feuerwerk der Gerüchte. Die Causa reicht zurück ins Jahr 2006, als der christlich-soziale Ministerpräsident von Niedersachsen, Christian Wulff, die 14 Jahre jüngere Pressereferentin des Reifenherstellers Continental, Bettina Körner, kennengelernt hatte. Die beiden heirateten zwei Jahre später. Für den CDU-Landespolitiker, dem bis dahin das Image eines spießigen Biedermanns anhaftete, war es die zweite Ehe – und der Beginn einer Abwehrschlacht. Nach Recherchen der „Süddeutschen Zeitung“ sollen CDU-Kreise in Hannover gezielt Indiskretionen über die angebliche Vergangenheit Bettina Wulffs als Callgirl gestreut haben – mit dem Ziel, ihren Ehemann zu diskreditieren. Weiter angefacht wurde das Feuerwerk der Gerüchte im Juni 2010, kurz bevor Wulff zum Bundespräsidenten gekürt wurde. Dabei soll auch eine Kommunalpolitikerin der FDP an der Denunziationskampagne tatkräftig mitgewirkt haben.

Seither wurde in Berlin immer wieder über Wulffs Vorleben gemunkelt und über diese Spekulationen hinter vorgehaltener Hand berichtet – die pikanten Gerüchte waren das Tüpfelchen auf dem i einer ohnehin krisen- und skandalgeschüttelten Präsidentschaft, die im Februar 2012 nach nur 20 Monaten unfreiwillig zu Ende ging. Bettina Wulff will sich jedenfalls nicht in die Defensive zwingen lassen, sondern die mediale Initiative ergreifen.


Verteidigung mit Buch. Noch im September soll ein Buch über Wulffs Leben erscheinen, mit dem sie sich gegen die „Zerstörung ihres Ansehens in der Öffentlichkeit“ wehren möchte, berichtet die „Süddeutsche Zeitung“.

Im Kampf um ihren guten Ruf stellt sich Wulff jedenfalls geschickter an als die Hauptfigur von Heinrich Bölls 1974 erschienener Erzählung „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“. Bölls Protagonistin, die in Boulevardmedien verunglimpft wurde, blieb als letzter Ausweg der Griff zur Waffe – wobei die Hintergründe nicht unterschiedlicher sein könnten. Bei Bettina Wulff ist es das Rotlichtmilieu. Bei Katharina Blum war es die Rote Armee Fraktion.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.09.2012)

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