Österreich ist im Hintertreffen gegenüber den 34 abgefragten Industrienationen. 75 Prozent der Bevölkerung kommen über Bildungsabschluss der Eltern nicht hinaus. Bei Uni-Abschlüssen hinkt Österreich hinterher.
Wien/Beba/APA. Die Chancen auf einen sozialen Aufstieg durch Bildung sind in kaum einem Land so gering wie in Österreich. Das ist das ernüchternde Fazit des OECD-Bildungsberichts, der gestern, Dienstag, veröffentlicht wurde. Junge Österreicher haben demnach nur geringe Chancen auf eine bessere Bildung als ihre Eltern: Nur jeder vierte 25- bis 34-Jährige erreicht einen besseren Bildungsstand als seine Eltern. Damit ist Österreich das siebtschlechteste Land unter den 34 abgefragten Industrienationen.
Dass ein Arbeiterkind auch Arbeiterkind bleibt, ist nicht überall so. Im Gegenteil: Im OECD-Schnitt schaffen 37 Prozent einen höheren Abschluss als ihre Eltern (siehe Faktenkasten). Die größten Aufstiegschancen gibt es in Polen und Irland, die geringste Aufwärtsmobilität in Estland. Hinter Österreich liegen außerdem Deutschland und die USA. Dort schafft nur jeder Fünfte den Aufstieg.
Dass auch in Finnland ähnlich wenig Junge ein besseres Bildungsniveau erreichen als die Eltern, hat andere Gründe. Es hat nicht zuletzt mit dem Vorsprung der Finnen zu tun: In Ländern, in denen die Akademikerquote bereits hoch ist, verlangsamt sich als logische Konsequenz die Tendenz zum Aufstieg.
Vor allem bei den Hochschulabschlüssen hinkt Österreich seit Jahren hinterher. Insgesamt droht das Land im internationalen Vergleich noch weiter zurückzufallen, warnt die OECD: Zwar ist die Akademikerquote gestiegen - im relativen Vergleich mit anderen Ländern hat sich aber (zu) wenig getan. Der Anteil der Hochschulabschlüsse ist auch unter den jungen Österreichern noch extrem niedrig: Während in fast allen OECD-Ländern die Jungen die Älteren bei Weitem überflügelt haben (Schnitt: 38 Prozent), liegt in Österreich die Quote der 25- bis 34-Jährigen lediglich bei 21 Prozent - schlechter ist nur die Türkei mit 17 Prozent. Hier gilt allerdings: Manche Berufe, die in anderen Ländern bereits akademisch sind - etwa Kindergartenpädagogin -, gehören in Österreich (noch) zum sekundären Bildungsbereich.
„Die Schule ist großes Hindernis"
Dennoch ist die Aussage des OECD-Bildungsexperten Andreas Schleicher klar: „Österreich hinkt auch heuer bei der Hochschulbildung hinterher." Noch problematischer sei aber die schwache Bildungsmobilität. Das Problem sieht Schleicher weniger auf dem Hochschulsektor als vielmehr bereits zu Beginn der Bildungslaufbahn. Dass Studiengebühren den Bildungsaufstieg von Kindern aus schlechter verdienenden Haushalten behindern, kann Schleicher ausschließen. „Das große Hindernis ist die Schule", sagt Schleicher. Denn dort stelle der soziale Hintergrund sehr wohl einen Faktor für Aufstiegsschwierigkeiten in weiterführende Schulen dar. Gerade in Österreich kämen Migranten besonders häufig in Schulen in einem sozial benachteiligten Umfeld, sagt Schleicher: In der gesamten OECD gebe es nur acht Länder, in denen dieser Konzentrationseffekt noch stärker ausgeprägt sei.
Die Politik gibt sich indes unbeeindruckt von der Studie. Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) lehnte das Studiengebührenmodell der Salzburger Landeschefin Gabi Burgstaller am Dienstag ab: Laut ihren Berechnungen ergebe sich - bei geplantem gleichzeitigen Ausbau der Stipendien - kein positiver Saldo für die Universitäten. Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) erklärte zur Frage der Gesamtschule, dass seine Haltung „unverändert" sei: „Ich bin weiterhin für ein differenziertes System unter Erhalt des Gymnasiums. Punktum." ? Leitartikel, Lehrer sollen mehr arbeiten Seite 2