Wiener Geschäfte mit Belgrader Titeln

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Eine serbische Privatuniversität vergab in Wien akademische Grade. Trotz Warnungen von Kontrollbehörden. Mittendrin: der VP-Altvordere Walter Schwimmer. Die Uni bestreitet, gegen geltendes Recht verstoßen zu haben.

Wien. Akademische Grade und Studien, für die man an privaten Universitäten zehntausende Euro bezahlt, sind nicht automatisch gültig. In Wien sind in diesem Zusammenhang derzeit die Aktivitäten der serbischen Megatrend University von Interesse.

Der „Presse“ liegen Unterlagen vor, die zumindest nahelegen, dass die betroffenen Bachelor- und Master-Diplome Dutzender Studenten aus dem In- und Ausland ungültig sein könnten. Jedenfalls aber kamen sie unter merkwürdigen Umständen zustande. Die Universität bestreitet, gegen geltendes Recht verstoßen zu haben.

Zentrale Person ist der VP-Altvordere Walter Schwimmer, einst Multifunktionär unter anderem als Bundessekretär des ÖAAB, Nationalrat, später stellvertretender Fraktionschef und Generalsekretär des Europarats. Seine Parteifreundin, Ex-Außenministerin Ursula Plassnik, verlieh ihm das Große Goldene Ehrenzeichen der Republik am Bande. Der heute 70-Jährige ist Präsident der privaten Belgrader Megatrend University, die in der Wiener Mondscheingasse im siebenten Bezirk eine Zweigstelle betreibt. An ihr ist Schwimmer auch finanziell beteiligt.

Der Standort wurde im Frühling 2011 aus der Konkursmasse der International University gekauft. Die IU bot Studenten gegen Bares Kurse und akademische Grade an, die sie, wie sich später herausstellte, in Europa gar nicht führen durften (siehe Artikel rechts). Wurde das Geschäftsmodell ebenfalls mit der Konkursmasse übernommen?

Die für solche Angelegenheiten zuständige Behörde, der Akkreditierungsrat, fragte zeitgleich nach. Die Kollegen aus Serbien antworteten schriftlich. Zitat (Übersetzung aus dem Englischen): „Die Megatrend University hat keine Akkreditierung dafür, ihr Unterrichtsprogramm im Ausland anzubieten oder akademische Grade nach serbischem Recht in Wien zu verleihen.“ Für den Akkreditierungsrat in Wien Grund genug, Studenten ausdrücklich davor zu warnen.

Gelesen haben die Warnung wenige: „Der ÖAR weist darauf hin, dass Studiengänge einer Hochschule, die nicht von der jeweiligen nationalen Akkreditierung erfasst sind, zu keinem international anerkannten akademischen Grad führen.“ Trotzdem bietet Megatrend bis heute serbische Bachelor- und Master-Diplome – Studiendauer: zwei bis acht Semester – am Standort Wien an. Kosten: 18.000 bis 27.000 Euro.

Minister hilft der eigenen Uni

„Die Presse“ konfrontierte Studenten mit der Sachlage und versuchte via E-Mail Kontakt aufzunehmen. An deren Stelle antwortete Uni-Chef Schwimmer. Und drohte noch während der Recherchen mit einer Schadenersatzklage. Denn, so Schwimmer: „Die Titel, die unsere Studenten erhalten, sind korrekt.“

Warum? Kurz nachdem sich die serbische Akkreditierungsbehörde gegenüber Österreich negativ zur Megatrend University geäußert hatte, wurde diese, wie Schwimmer sagt, vom Belgrader Wissenschaftsministerium „overruled“. Grund dafür war eine laut Schwimmer falsche Rechtsauslegung. Auch dieses Papier liegt der „Presse“ vor.

Interessant: Serbiens Wissenschaftsminister, Žarko Obradović, ist bis heute Professor und Lehrender an der genannten Universität, der Schwimmer als Präsident vorsteht. Trotzdem will dieser die Korrektur des Ministers „keinesfalls“ als Gefälligkeit interpretieren. Immerhin, so betont er, hätten sonst niemals ein Sektionschef und ein Staatssekretär aus dem serbischen Ministerium das Papier unterschrieben.

Trotz Belgrads Kehrtwendung gewährte Österreich der Wiener Megatrend erst ein Jahr später, am 9.Juli 2012, per Bescheid die Registrierung der zwei Studiengänge „International Business“ und „International Economics“ und damit die Erlaubnis zur Verleihung serbischer Bachelor- und Master-Titel. Trotzdem bot das Wiener Institut auch schon vorher Studien und Titel an. Der „Presse“ liegen Fotos einer Graduierungsfeier im Haus der Industrie vor, die Ende Mai 2011 stattfand.

Walter Schwimmer betont, dass an der Sache „nichts dran“ sei. Selbst der Staatsanwalt, der im Sommer wegen des Verdachts auf schweren Betrug ermittelte, habe keine Unregelmäßigkeiten an seiner Universität gefunden. Einer Universität, die bis heute den „Führer der großen lybischen Revolution“, Muammar al-Gaddafi, stolz als Ehrendoktor auf der Webseite führt. Einer Universität, die inzwischen auch hierzulande offiziell um Akkreditierung und damit Anerkennung als österreichische Privatuniversität angesucht hat.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.10.2012)

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