FC Tosters 99: Als Team auf dem Fußballfeld und durch den Alltag

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Austria'12(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Die Mitglieder des Vorarlberger Fußballklubs FC Tosters 99 helfen
ihren Teamkollegen – jungen Asylwerbern –, ihr Leben in Österreich zu meistern.

Danke. Also Danke auf Somali, Arabisch, Afghanisch, Englisch, Französisch und Deutsch sagten die Brüder Clemens und Christian Fiel in ihrer Rede bei der Gala zum Österreicher des Jahres. Es sind die sieben Sprachen, die in ihrem Verein gesprochen werden. „Wenn man Vorarlbergerisch dazu zählt“, sagt Clemens Fiel und grinst.

Die beiden Brüder sind die Gewinner in der Kategorie „Humanitäres Engagement“ und konnten ihren Sieg am Donnerstagabend noch gar nicht fassen. Einerseits, weil sie tatsächlich gewonnen haben, andererseits, dass man überhaupt auf ihren Fußballklub aufmerksam geworden ist. „Wir sind ja ein vergleichsweise kleines und unbekanntes Projekt“, sagt Christian Fiel, 33 Jahre alt und der ältere der beiden Brüder.

Fußballspielen verbindet

Ihr Fußballklub FC Tosters 99 in Feldkirch hat von den „Presse“-Lesern die meisten Stimmen bekommen. Wobei – das ist den Brüdern besonders wichtig – sie nur zufällig an diesem Abend auf der Bühne stehen. Das Hilfsprojekt bestehe aus den 40 Leuten, die Mitglieder im Verein sind. „Es hätte jeder andere von unserem Verein heute Abend hier sein können“, sagt Christian Fiel.
In ihrem Fußballklub helfen die Vorarlberger jungen Asylwerbern, sich in Feldkirch besser einzuleben. Das bedeutet, sie trainieren gemeinsam, zusätzlich bekommen die jungen Teammitglieder aus dem Ausland (derzeit sind es acht) jeweils einen Buddy zur Seite gestellt, der ihnen durch den Alltag hilft. Sei es nun bei den Hausaufgaben, bei Fragen zur österreichischen Kultur, oder indem der Buddy mit seinem Schützling die Praxisstunden für den Führerschein absolviert. Christian Fiel hat mit seinem Schützling, Abdullah aus Afghanistan, etwa bis zum Hauptschulabschluss gelernt, eine Lehrstelle gesucht und Behördengänge erledigt.

Im Gegenzug helfen die Burschen bei Vereinsveranstaltungen mit und erweitern den Horizont der „eingesessenen“ Teamkollegen. „Wir haben gelernt, dass Integration keine Einbahnstraße ist“, sagt Clemens Fiel. „Integration hat immer etwas mit Menschen zu tun, die auch Fehler haben, das muss man auch so akzeptieren.“

Klare Worte fanden die beiden auch in ihrer Gewinner-Rede in der sie betonten, wie wichtig es sei „die Gemeinsamkeit vor die Unterschiede“ zu stellen. Der Applaus, den ihnen das Publikum nachher zugestand, sollte der längste und lauteste des ganzen Abends sein. Davor hatte ihnen Friedrich Stickler, Generaldirektor-Stellvertreter der Österreichischen Lotterien, die Siegertrophäe überreicht. Die Lotterien haben auch den Siegerscheck von 10.000 Euro gespendet, den schließlich „Presse“-Geschäftsführer Michael Tillian an den FC Tosters übergab. Mit dem Geld will der Verein noch weitere junge Asylwerber in ihren Fußballklub aufnehmen. Doch nicht nur der FC Tosters 99, auch die beiden anderen Finalisten durften jeweils 10.000 Euro mit nach Hause nehmen: Schauspieler August Schmölzer, der es sich mit „Gustl 58 – Initiative für Herzensbildung“ zur Aufgabe gemacht hat, Menschen aus seiner Heimat, die in Not geraten sind, zu helfen. Und Iris Spitzenstätter aus Wattens in Tirol, die mittellosen mexikanischen Kindern zwei Mal im Jahr eine kostenlose Delphintherapie ermöglicht.

Alles also Projekte, hinter denen keine großen Organisationen stehen, sondern Privatpersonen, die einfach und unbürokratisch begonnen haben, Hilfsprojekte ins Leben zu rufen.

„Als ganz großer Sieger“

Dementsprechend groß war die Freude über die finanzielle Unterstützung. „Ob ich traurig bin, weil ich nicht gewonnen habe? Ich fühle mich als ganz großer Sieger. Ich finde es großartig, dass unser kleines Gustl-58-Projekt nominiert wurde“, sagt August Schmölzer. Der Schauspieler hatte nämlich eigentlich damit gerechnet, dass ihm seine „bescheidene Prominenz“, wie er es ausdrückt, negativ ausgelegt werden würde. Dabei kann Schmölzer Schauspieler, die sich nebenbei ein bisschen „sozial“ engagieren, weil es sich so gehöre, nicht ausstehen. Ein bisschen „Charity“, das sei ihm zutiefst zuwider. Ebenso wie große Gala-Abende.
Auf der Austria'12-Gala blieb er trotzdem bis weit nach Mitternacht. Genauso wie Iris Spitzenstätter, die den Abend genoss: „Kinder von Familien zu therapieren, die sonst im Nachteil sind, macht so viel Freude“, sagt sie. Schön, wenn es dafür auch noch Anerkennung gibt.

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