Polizei: Wiener U-Bahn wurde sicherer

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Die jüngsten Verbrechen in der U-Bahn lassen vielen das Fahren mit öffentlichen Verkehrsmitteln unsicherer erscheinen. Die Polizei sieht dagegen ein Sinken der Kriminalität.

Wien. Eine Vergewaltigung in der U6, mehrere im Umfeld von U6-Stationen, eine Frau, die auf die Schienen der U2 gestoßen wurde, dazu Berichte über Schlägereien im Waggon mit Verletzten – in den vergangenen Wochen konnte der Eindruck entstehen, dass das Fahren mit der U-Bahn ein Sicherheitsrisiko darstelle. Doch tatsächlich ist es in öffentlichen Verkehrsmitteln aber weitgehend sicher.

Allerdings: In Zahlen gegossene Belege dafür gibt es nicht für jede Art von Verbrechen. Denn speziell für öffentliche Verkehrsmittel wertet die Polizei in ihrer Kriminalstatistik nur die Delikte Raub und Taschen- bzw. Trickdiebstahl aus. In diesen Gruppen ist die Zahl der Delikte in den vergangenen Jahren zurückgegangen. Von 2010 auf 2011 sanken die Anzeigen wegen Raubes in öffentlichen Verkehrsmitteln von 53 auf 49 – vom Jahr 2012 liegen bisher nur die Zahlen der ersten drei Quartale vor; hier hält man bei 33. Die Anzeigen wegen Taschendiebstahls gingen sogar um fast zehn Prozent zurück – von 8467 Anzeigen 2010 auf 7658 im Jahr 2011. In den ersten drei Quartalen 2012 gab es 4147 angezeigte Vorfälle.

„Absolute Ausnahme“

Bei anderen Delikten wird nicht eigens erhoben, ob sie in öffentlichen Verkehrsmitteln verübt wurden. Allerdings, so Roman Hahslinger, Sprecher der Bundespolizeidirektion Wien, könne man auch aus den vorhandenen Daten schließen, dass die Gefahr, in Straßenbahn, Bus und U-Bahn Opfer eines Verbrechens zu werden, verhältnismäßig gering sei. „2011 gab es in ganz Wien 487 angezeigte Sexualdelikte“, so Hahslinger – nicht differenziert danach, ob sie in einer Wohnung, in einem Park oder wo auch immer verübt wurden. „Wenn wir das auf öffentliche Verkehrsmittel umlegen, ist der Anteil ganz gering.“ Ein Fall wie die Vergewaltigung in der U6 im Dezember sei jedenfalls eine absolute Ausnahme.

Im Vergleich dazu sei sei der Anteil, der in öffentlichen Verkehrsmitteln verübt wird, beim Delikt der Körperverletzung aber „sicher etwas höher“.

An der Arbeitsweise der Polizei ändert sich durch die jüngsten spektakulären Fälle vorerst jedenfalls nichts. Ja, die Streifen in der U-Bahn würden natürlich intensiviert. Aber das sei Teil des ganz normalen Arbeitsablaufs: Täglich werden die Anzeigen analysiert; stößt die Analysegruppe dabei auf einen Hotspot, wird dort eine Bereitschaftseinheit eingesetzt. Nach den Vorfällen in der U6 sei die Linie deswegen zu einem Hotspot erklärt worden. „Aber insgesamt“, sagt Hahslinger, „ist die Zahl der Vorfälle in öffentlichen Verkehrsmitteln im internationalen Vergleich sehr gering.“

Bei der Ermittlungsarbeit zum Fall von vergangenem Samstag, bei dem ein Mann eine Kenianerin auf die Gleise der U2 stieß, gibt es indes divergierende Aussagen. So gab der Beschuldigte zwar zu, die Frau gerempelt zu haben. Doch streitet er rassistische Beschimpfungen im Vorfeld ab. Im Gegenteil – er behauptet, dass die Frau aggressiv reagiert hätte, als er und seine Lebensgefährtin sie gebeten haben, leiser zu telefonieren. Außerdem habe er der Frau nur einen Stoß versetzt, um sie von sich fernzuhalten – erst danach sei sie gestolpert und auf den Gleiskörper gefallen. Aufklärung sollen die Aufnahmen aus der Videoüberwachung bringen – laut Hahslinger habe man das Material allerdings noch nicht von den Wiener Linien bekommen.

Verdächtiger wurde überstellt

Dafür ist die Polizei in einem anderen Fall einen Schritt weitergekommen: Jener Mann, der in mehreren Fällen von Vergewaltigungen in Zusammenhang mit der U6 verdächtigt wird, ist am Mittwoch von den ungarischen Behörden an die österreichische Justiz ausgeliefert worden. Der 28-Jährige soll in zumindest drei Fällen Frauen in der U6 ausgesucht, nach ihrem Aussteigen verfolgt und sexuell attackiert haben. Am 30.Dezember war er in Ungarn auf der Flucht gefasst worden.

Kriminalität in der U-Bahn: In den vergangenen Wochen gab es mehrere spektakuläre Vorfälle in und um die Wiener U-Bahn. Eine Frau wurde in einem U6-Waggon vergewaltigt, drei Frauen wurden im Umfeld von Stationen ebenfalls missbraucht. Zuletzt wurde eine Kenianerin auf die Geleise der U2 gestoßen. Die Polizei sieht dennoch einen Rückgang der Kriminalität.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.01.2013)

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