Israels Probleme mit seinen schwierigen Nachbarn

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Die künftige Regierung in Jerusalem steht vor großen außenpolitischen Herausforderungen. Denn die Umbrüche in den Staaten des Arabischen Frühlings machen die Lage Israels komplizierter als bisher.

Eigentlich müssten die Strategen in Israel schon den Champagner kalt stellen, denn einer ihrer Erzfeinde ist schwer angeschlagen. Syriens Baath-Regime kann sich nur noch mit Mühe auf den Beinen halten – ein Regime, das seit Jahrzehnten gegen den „zionistischen Fremdkörper“ an seiner Südgrenze wettert, das Kriegsgegner Israels wie die libanesische Hisbollah mit Waffen beliefert und enge Freundschaftsbande mit dem Iran geknüpft hat, dem Land, das von der Regierung in Jerusalem derzeit als größte Bedrohung betrachtet wird.
Und doch will in Israel keine rechte Feierstimmung aufkommen: Die Entwicklungen in allen Staaten des Arabischen Frühlings stellen Israels künftige Regierung vor neue Schwierigkeiten – und das trifft vor allem auch auf Syrien zu.

Syriens Machthaber, Bashar al-Assad, geriert sich zwar als kompromissloser Gegner Israels. Aber er war stets ein berechenbarer Feind, der genau wusste, wie weit er gehen konnte. Als israelische Truppen 2006 einen vierwöchigen Krieg gegen die Hisbollah führten, unterstützte Assad die libanesische Schiiten-Miliz. Er vermied dabei aber, die Regierung in Jerusalem so sehr zu provozieren, dass er in die Kämpfe hineingezogen werden könnte. Im September 2007 führten die Israelis dann einen Luftschlag auf syrischem Gebiet durch und zerstörten dabei angeblich einen syrischen Atomreaktor. Das Regime in Damaskus verzichtete auf eine militärische Antwort.

Assad wollte nie gröbere Probleme mit Israel, denn es ging ihm um die Stabilität seines Regimes. Dieser Wunsch nach Stabilität kam auch Israel zugute, war das Ergebnis davon doch eine relativ ruhige Grenze zu Syrien. Damit könnte es nach einem Sturz des Assad-Regimes aber vorbei sein.

Angst vor Jihadisten

Noch ist unklar, wen die Welle der Revolution in Syrien an die Macht spülen wird, sollte das Regime tatsächlich weggeschwemmt werden. In den Reihen der syrischen Rebellen befinden sich auch Gruppen, die den Krieg gegen Assad als Kampf „rechtgläubiger“ sunnitischer Muslime gegen Häretiker sehen: Immerhin gehören Assad und ein Teil seines Führungszirkels der Glaubensgemeinschaft der Alawiten an, die sich selbst als Muslime sehen, aber sehr eigene Riten verwenden und an Dinge wie Seelenwanderung glauben. Syrien wurde so auch zu einem Schlachtfeld des Jihadisten-Wanderzirkus, der in der Vergangenheit schon in Afghanistan, im Irak, aber auch in Tschetschenien und am Balkan Halt gemacht hatte.

Alte Feindschaft zu Israel

Das Worst-Case-Szenario, das man in Jerusalem zeichnet, sieht deshalb so aus: Der Bürgerkrieg könnte Syrien ins völlige Chaos stürzen und auch langfristig zum Aufmarschgebiet jihadistischer Gruppen machen, die der Terrororganisation al-Qaida nahestehen. Nach einem Sturz Assads würden sich diese Gruppen dann dem nächsten Angriffsziel widmen: Israel. Aber selbst wenn diese Schreckensvision nicht eintritt: Ein Umbruch in Syrien könnte auch so die Karten in den Beziehungen zu Israel neu mischen. Bei demokratischen Wahlen würden wohl die syrischen Muslimbrüder, die als radikaler als ihre ägyptische Mutterorganisation gelten, gut abschneiden.
Und eine künftige syrische Regierung, die sich um die öffentliche Meinung sorgen muss, könnte unter Druck geraten, etwa auf die Rückgabe der von Israel besetzten Golanhöhen zu drängen oder sich für einen Palästinenserstaat starkzumachen.

Ähnliche Tendenzen zeigen sich bereits in Ägypten, das am Freitag den zweiten Jahrestag des Revolutionsbeginns gegen Machthaber Hosni Mubarak begeht. Mit der neuen Freiheit nach dem Sturz Mubaraks traten auch Strömungen zutage, die schon zuvor vorhanden waren, sich aber nicht so offen artikulieren konnten. Dazu gehört die Feindschaft zu Israel, die sich durch alle Schichten der ägyptischen Bevölkerung zieht: egal, ob Islamisten oder Linke. 1978 und 1979 wurden Verträge zwischen den einstigen Kriegsgegnern Ägypten und Israel unterzeichnet.
Doch in den Köpfen vieler Ägypter scheint dieser Friede nie angekommen zu sein. Dafür hatte auch Mubarak gesorgt, war es doch bequem, mit dem Schüren von Ressentiments gegenüber Israel von Problemen im eigenen Land abzulenken. Direkte Konsequenzen hatte das aber nie. Seit Mubaraks Sturz wurde aber bereits einmal Israels Botschaft in Kairo gestürmt und ein Gasliefervertrag zwischen Ägypten und Israel storniert.

Die Beziehung zu den „neuen“ arabischen Nachbarn gehört für Israels künftige Regierung zu einer der großen außenpolitischen Herausforderungen. Eng verknüpft ist damit ein innenpolitisches Problem: die Lösung des Konflikts mit den Palästinensern.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.01.2013)

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