Krise in Ostasien: Die Supermacht China zeigt ihre Muskeln

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Die chinesische Marine hält eine Militärübung in umstrittenen Gewässern ab - und provoziert damit die Nachbarn, allen voran Japan. Warum die Volksrepublik ihre Macht demonstriert. Eine Analyse.

Peking/Wien. Die aufstrebende Supermacht China sorgt für neue Unruhe im Westpazifik: Am Mittwoch verließen drei Kriegsschiffe der Marine Häfen der Volksrepublik, um an einer Militärübung teilzunehmen, die teilweise in heftig umstrittenen Gewässern stattfinden soll. Die Entrüstung anderer asiatischer Staaten – allen voran des Erzfeindes Japan – war damit programmiert.

„Geplant sind zwanzig Übungen. Sie könnten im Gelben, im Ostchinesischen und im Südchinesischen Meer sowie östlich von Taiwan stattfinden“, hieß es in staatlichen Medien. Es handle sich um „Routinetrainings“. Das werden Chinas Nachbarn nicht so sehen. Die Militärübung fällt in eine politisch höchst sensible Phase, in der die Volksrepublik mit mehreren Staaten in bittere Territorialstreitereien verwickelt ist. Hier ein Überblick zu den neuralgischen Punkten des Regionalkonfliktes.

• Inselstreitereien: China erhebt historischen Anspruch auf fast das gesamte Südchinesische Meer, und befindet sich somit in einem diplomatischen Konflikt mit südostasiatischen Staaten wie Vietnam und den Philippinen, die zunehmend auf die USA als „Schutzmacht“ bauen. Washington baut deshalb seine Präsenz in der Region aus. Besonders brisant ist derzeit aber der Streit um eine unbewohnte Inselgruppe im Ostchinesischen Meer, der die Erzfeinde Japan und China zuletzt gefährlich nahe an einen Krieg geführt hat.

Der Archipel, von Japan Senkaku und in China Diaoyu genannt, liegt strategisch günstig in fischreichen Gewässern, zudem werden in der Umgebung größere Erdöl- und Erdgasvorkommen vermutet. Aufgeheizt wurde der Konflikt im Sommer, als Japans Regierung beschlossen hatte, mehrere der Inseln aus japanischem Privatbesitz zu kaufen. Fast wöchentlich kommt es seitdem zu Provokationen: Militärisch brenzlig wurde es, als China im Dezember eine Propellermaschine über die Inseln fliegen ließ, woraufhin Japan acht F-15-Kampfflieger schickte und Peking mit zwei J-10-Kampfflieger antwortete.


• Patriotismus: Hinter den territorialen Ansprüchen stecken freilich geostrategische Interessen – das wirtschaftlich boomende China ist arm an Energieressourcen, im Süd- und Ostchinesischen Meer werden Gas- und Erdölvorkommen vermutet. Doch es geht um mehr: Da sozialistische Propaganda im weitgehend marktwirtschaftlich orientiertem China nicht mehr funktioniert, setzen die Kommunisten zunehmend auf die nationalistische Karte. Wenn es um den Konflikt mit Japan geht, taucht in der Regime-Rhetorik immer öfter der Bezug auf alte historische Wunden auf: Allen voran „die historische Schmach“, im späten 19. und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts vom Erzfeind Japan besiegt worden zu sein.


• Ausbau der Militärmacht: Im Herbst kündigte die KP an, ihre maritimen Streitkräfte weiter ausbauen zu wollen. „Wir sollten unsere Interessen auf den Meeren verteidigen und China zu einer Seemacht werden lassen“, hieß es. Auch hier spielt die Vergangenheit eine Rolle: In Parteizeitungen wurde angeführt, dass ein Grund für den Untergangs des chinesischen Kaiserreiches der Verzicht auf Meeresexpeditionen und die Konzentration auf das Landesinnere war. Laut Pentagon investiert Peking inzwischen Milliarden in den Ausbau seiner Marine. Dass China 2011 der Welt seinen ersten Flugzeugträger vorführte, alarmierte Washington und die Nachbarn. Für Unruhe sorgt auch, wie rasant China seine Streitkräfte modernisiert – und dass das Militärbudget seit Jahren doppelte Wachstumszahlen aufweist. 160 Mrd. Dollar soll die Volksrepublik allein im vergangenen Jahr für den Ausbau ihrer Armee – der größten der Welt – ausgegeben haben. Peking spricht freilich von „friedlicher Außenpolitik, in der es um Ausbau wirtschaftlicher Beziehungen geht“.


• Konkurrierende Interessen: Doch wer bestimmt Chinas Außenpolitik wirklich? Laut „International Crisis Group“ ist Chinas Außenministerium verhältnismäßig machtlos. Im Südchinesischen Meer etwa habe die chinesische Marine maßgeblich zur Aufheizung des Konfliktes beigetragen, unterstützt von Regierungsbehörden und mächtigen regionalen Parteikadern mit wirtschaftlichen Interessen. Angesichts der unkoordinierten Vorgehensweise spreche man in Peking von „neun Drachen, die das Meer aufwühlen“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.01.2013)

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