Der Mediator

Da sind es nur noch 13 Tageszeitungen . . .


Ein Bild aus schwarzweißen Tagen. Damals waren gedruckte Tageszeitungen wahrscheinlich noch ein Leitmedium.
Ein Bild aus schwarzweißen Tagen. Damals waren gedruckte Tageszeitungen wahrscheinlich noch ein Leitmedium.United States Information Service/picturedesk.com
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Am 30. Juni wird die gedruckte Ausgabe der Wiener Zeitung eingestellt. Ein weiteres Abbröckeln in einer Erosion, die vor mehr als einer Generation begann. Wie hält es die Regierung damit? Sie scheint wenig für bessere Qualität übrigzuhaben.

Ende dieses Monats wird es einen traurigen Termin für traditionsbewusste Leser in Österreich geben. Da erscheint zum letzten Mal in gedruckter Form die „Wiener Zeitung“ , die es so seit 1703 gab. Sie wird dann die inzwischen älteste Tageszeitung der Welt gewesen sein. Schade um dieses Wienerische Diarium, das auch besonders ausgeprägt sein Feuilleton pflegte! Der Besitzer, die Republik Österreich, derzeit vertreten durch die Bundesregierung der türkis-grünen Koalition, legt keinen Wert mehr auf dieses Produkt. Weil die Pflichtveröffentlichungen im Blatt, die seine hauptsächlichen Einnahmen ausmachten, von ihr abgeschafft wurden, war es in der bisherigen Form nicht mehr lebensfähig.

„Media Hub “. Wie eine Farce wirkt es, dass die Regierung ihr Unternehmen laut im April beschlossenem „Bundesgesetz über die Wiener Zeitung GmbH und Einrichtung einer elektronischen Verlautbarungs- und Informationsplattform des Bundes“ nicht nur als Online-Version weiter bestehen lassen will, sondern als „Media Hub Austria“. 6,25 Mio. Euro stehen für die Online-Zeitung, fünf Millionen für den Media-Hub zur Verfügung, der sich u. a. mit Journalismusausbildung und Start-up-Förderung befasst. Der Mediator übersetzt es ins politisch Reine: Die Regierung pfeift (wie auch ihre finanzielle Bevorzugung von Boulevards und staatlichem Rundfunk zeigt) auf Qualitätsjournalismus in gedruckter Form. Aber sie schmeißt weiterhin eine Menge Kohle aus dem Fenster.

Damit sollen jene, die es trotz Pflichtbeiträgen in zweistelliger Euro-Millionenhöhe nicht geschafft haben, mehr als 6000 Abonnenten zu gewinnen, angehenden Medien-Schaffenden beibringen, wie man Zeitung macht und auch verkauft. Der Verdacht liegt nahe: Dort wird eher Wohlverhalten gegenüber den Eigentümern gelehrt werden als unabhängige Berichterstattung, objektive Analyse und kritischer Kommentar. Kanzler aller Couleurs mögen kommen und gehen – ihre staatlich subventionierten Medienmacher bleiben. Rausgeschmissen wird nur eine Menge bestens qualifizierter Print-Redakteurinnen und -Redakteure, aber das ist derzeit in Europa und Amerika nicht ungewöhnlich. Seit einer Generation geht in diesen Demokratien, für die eine unabhängige Presse essenziell wäre, das böse Wort vom „Zeitungssterben“ um. Es hat einen realen Kern.

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