Notaufnahme Ottakring

„Come In & Burn Out“: Ärzte-Streik in Wien

Mit Plakaten zogen die Ärztinnen und Ärzte der Zentralen Notaufnahme am Freitagvormittag durch das Areal der Klinik Ottakring.
Mit Plakaten zogen die Ärztinnen und Ärzte der Zentralen Notaufnahme am Freitagvormittag durch das Areal der Klinik Ottakring.APA / Helmut Fohringer
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Um ihren Forderungen nach mehr Personal und mehr Geld Nachdruck zu verleihen, hielten die Ärztinnen und Ärzte der Zentralen Notaufnahme der Klinik Ottakring einen am Freitagvormittag Warnstreik ab.

„Lieber Teilzeit als ganz weg“. „Klinik Ottakring: Come In & Burn Out.“ „Patientin todkrank, Ärztin todmüde.“ Mit Slogans wie diesen marschierte am Freitagvormittag das ärztliche Personal der Zentralen Notaufnahme (ZNA) der Klinik Ottakring über das Gelände des Spitals. Die Kundgebung war Teil eines Warnstreiks, zwischen 10 und 11 Uhr wurde die Arbeit niedergelegt. Zum ersten Mal seit 2016 – damals protestierten Tausende Mediziner gegen befürchtete Einkommenseinbußen aufgrund des neuen Arbeitszeitgesetzes – kam es also zu einem regulären Streik in einem Wiener Gemeindespital.

Tausende waren es diesmal nicht, aber einige Dutzend kamen vor der ZNA Ottakring zusammen, um sich mit der dortigen Belegschaft zu solidarisieren und deren Forderungen zu unterstützen. Darunter auch ehemalige Mitarbeiter und auch ein Personalvertreter der Pflege. Organisiert wurde der Streik nicht von der Wiener Ärztekammer, sondern von den betroffenen Ärzten selbst.

Sie fordern mindestens 20 Prozent mehr ärztliches Personal für die Abteilung, eine deutliche Anhebung der ZNA-Zulage für Nachtdienste, „um die psychisch und physisch belastende Arbeit in einer Notaufnahme adäquat abzugelten“, eine faire Verteilung der Rettungszufahrten auf alle Notaufnahmen Wiens, angepasst an den Personalstand und die tatsächlichen Bettenkapazitäten, eine zeitgemäße Ausstattung mit kritischer Infrastruktur wie beispielsweise die Zurverfügungstellung von ausreichend Ultraschallgeräten.

Keine Rettungssperre

Die Führung des Wiener Gesundheitsverbunds (WiGeV) sowie Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) sind der Ansicht, dass all diese Forderungen entweder schon realisiert oder bereits in Umsetzung seien. Mit diesen Argumenten einen Streik abzuhalten sei nicht nachvollziehbar. Aus diesem Grund genehmigte der WiGeV auch die von der ZNA beantragte Sperre für Rettungszufahrten nicht. Mit der Folge, dass die Rettung auch während des Streiks Notfallpatienten einlieferte. Sie alle wurden regulär betreut, da sich Ärzte aus anderen internistischen Abteilungen der Klinik freiwillig meldeten und den Dienst in der Notaufnahme versahen.

Vor Ort waren im Übrigen auch Evelyn Kölldorfer-Leitgeb, Generaldirektorin des WiGeV, und Michael Binder, Medizinischer Direktor – Letzterer in voller Arbeitskleidung, um bei Bedarf mitanpacken zu können. Binder ist Facharzt für Dermatologie, der im Zuge seiner Ausbildung auch in Notaufnahmen tätig war. Sein Einsatz war am Freitag aber nicht notwendig.

„Alle mit den gleichen Sorgen“

„Erleichtert und überwältigt von der Solidarität der Kollegen“ zeigte sich Aglaia Kotal, Allgemeinmedizinerin und Notärztin in der ZNA Ottakring, im Gespräch mit der „Presse“. Sie ist die Sprecherin des Streikkomitees und SPÖ-Bezirksrätin in Hernals. In der vergangenen Tagen habe sie zahlreiche schriftliche Unterstützungserklärungen erhalten, nun auch die Gesichter dazu zu sehen, verdeutliche einmal mehr, dass das Personal der ZNA mit seinen Forderungen nicht allein dastehe, sondern alle Ärztinnen und Ärzte vor denselben Herausforderungen stünden.

Auch Stefan Ferenci, interimistischer Präsident der Wiener Ärztekammer und Obmann der Kurie der angestellten Ärzten, bedankte sich bei den Streikenden. Vollzeit in der Notaufnahme zu arbeiten, sei derzeit eine „aktive Gesundheitsgefährdung“, sagt er. Die Forderungen seien „fast noch bescheiden“. Ändere sich nichts, sei der Fortbestand der ZNA gefährdet.

Er kritisiert nicht nur das „politische Missmanagement“ von Stadtrats Peter Hacker, sondern auch die Gewerkschaft. Der Streik, sei zu 100 Prozent rechtskonform. „Auch wenn es der Gewerkschaft nicht passt.“ Ferenci zeigt sich enttäuscht darüber, dass die Gewerkschaft Younion an die Ärztinnen und Ärzte, die für bessere Arbeitsbedingungen kämpfen würden, „Anwürfe“ richte.

Die Gewerkschaft hatte zuvor in einer Aussendung betont, dass man den „Alleingang der Wiener Ärztekammer“ nicht unterstütze. Edgar Martin, der Vorsitzende der Younion-Hauptgruppe II hielt dazu fest: „Wir vertreten 120 Berufsgruppen im Wiener Gesundheitswesen, praktisch alle haben Probleme – zum Teil massiv. Wir suchen Lösungen für das gesamte Team Gesundheit und nicht nur für Einzelne.“

Dies mache auch anders keinen Sinn, so Martin. Denn falls eine Gruppe „übermäßig Budget“ für sich abziehe, würden alle anderen leiden. „Das kann so weit führen, dass das Gesamtsystem nicht mehr funktioniert.“ Es bauche ein Bündnis, das für eine ausgewogene Gesamtlösung eintrete.

„Akt der Notwehr“

Solidarisch zeigt sich die Wiener Opposition. Wiens FPÖ-Obmann Dominik Nepp und der Gesundheitssprecher der Partei, Wolfgang Seidl, sprechen von einem „Akt der Notwehr“. Dieser sei eine Folge der katastrophalen Politik Hackers bzw. des „unfähigen roten Managements“ des WiGeV.

„Für die chronische Arbeitsüberlastung und personelle Unterbesetzung auf der Notaufnahme müssen endlich nachhaltige Lösungen her“, sagt Barbara Huemer, Gesundheitssprecherin der Wiener Grünen.

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