Bregenzer Festspiele

„War Mozart normal?“: Van der Bellens Rüge an die Politik

Alexander Van der Bellen übte scharfe Kritik an der Politik.
Alexander Van der Bellen übte scharfe Kritik an der Politik.APA / DIETMAR STIPLOVSEK
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„Hören Sie auf damit, mehr und mehr Fenster zu zerbrechen“, fordert der Bundespräsident in seiner Rede zur Eröffnung der Bregenzer Festspiele von Österreichs Parteien .

Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat am Mittwoch die 77. Bregenzer Festspiele eröffnet – und in seiner Rede scharfe Kritik an der Politik geübt. Der Bundespräsident erinnerte an die Sozialtheorie der „zerbrochenen Fenster“, wonach, wenn in einem Stadtteil eine zerbrochene Scheibe nicht umgehend repariert werde, bald alle Fensterscheiben zerbrochen seien. „In unserem Land werden gerade einige Fenster zerbrochen“, sagte Van der Bellen. Alle „im politischen Stadtviertel“ müssten damit aufhören, „mehr und mehr Fenster zu zerbrechen“.

Man dürfe sich nicht daran gewöhnen, dass „Sprache wieder zum Ausgrenzen verwendet wird“ und dass „wieder von einem ,wir’ und ‚den anderen’“ gesprochen werde, betonte der Bundespräsident – und rügte damit implizit sowohl ÖVP, SPÖ als auch FPÖ: „Wir, das sind die ‚normalen’, das sind ,unsere Leute’, das ist ‚das Volk’. Wer oder was sind dann ‚die anderen’“? Van der Bellen nannte es in seiner Rede „brandgefährlich, solche Begriffe so absolut zu verwenden, denn sie werden sehr schnell gedankenlos wiedergegeben und tragen so mehr und mehr zum Zerbrechen unserer Gemeinschaft bei.“

Die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) hatte bekanntlich erklärt, sie vertrete die „normal denkende Mitte der Gesellschaft“. Offensichtlich mit Bezug darauf meinte Van der Bellen: „Wer bestimmt, wer normal ist und wer nicht? War Mozart ‚normal’? Sicher nicht. Derart außergewöhnliche Begabungen sind nicht normal. Und sie denken auch nicht normal.“ Auch SPÖ-Chef Andreas Babler und FPÖ-Obmann Herbert Kickl bekamen – ebenfalls ohne namentlich genannt zu werden – eine präsidiale Rüge: „Wer sind ,unsere Leut’? Sind uns ,die anderen’ egal?“, fragte Van der Bellen wohl in Richtung Babler, und dem selbst ernannten künftigen „Volkskanzler“ Kickl richtete er implizit aus: „Das Volk, sind das alle Österreicherinnen und Österreicher? Die Einwohner anderer Herkunft, sind das ‚die anderen’?“

„Fühle mich manchmal wie im Hochwahlkampf“

Der Bundespräsident kritisierte zunehmenden Populismus im Land. „Manche politischen Akteure“ hätten anscheinend die Hoffnung verloren, dass man mit sachbezogenen Argumenten und inhaltlichen Konzepten durchkomme. Er fühle sich „manchmal wie im Hochwahlkampf“. Statt um Begrifflichkeiten zu streiten, solle man lieber für die besten Lösungen und kämpfen und darum, diese den Menschen zu vermitteln.

Zu den Themen, bei denen es dringend Lösungen bedürfe, zählt Van der Bellen Klima und Umwelt, Bildung, sozialen Zusammenhalt und Armutsbekämpfung. Dabei könne man durchaus egoistisch überlegen, was für einen selbst „drinnen“ sei. Umweltschutz etwa sei eigentlich „ein sehr egoistischer Vorgang“, da man intakte Natur auch für den Tourismus brauche. Liberale Demokratie lasse „uns in Freiheit leben, so, wie wir sind und sein wollen“. Und Migration bringe dem Land Arbeitskräfte, ohne die man in etwa im Gesundheitsbereich in Schwierigkeiten gerate.

„Bringen wir das Beste in uns und an Österreich zum Vorschein – und nicht das Niedrigste“, appellierte der Bundespräsident. Denn - „Ich schließe wie ein Pfarrer“ - die Bregenzer Festspiele zeigten: „Es gibt das Gute, das Schöne, das Gemeinsame.“

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