Der Votivkirchen-Protest hat erreicht, was möglich war.
Der Bürgermeister hätte eigentlich etwas sagen können. Oder Wiens Vizechefin. Stattdessen fand die deutlichsten Worte ausgerechnet einer, der gern umständlich formuliert. Für eine Lösung sei es nötig, die Kirche zu verlassen, schrieb der Bundespräsident also den Protestierenden – ohne zu verschweigen, dass es das, was sie wollen, ein allgemeines Bleiberecht, nicht geben wird.
Der Appell auf Augenhöhe ermöglicht den Streikenden einen Abschied in Würde. Die ersten positiven Reaktionen zeigen auch, dass einige auf diesen Notausgang sehr gewartet haben. Denn es könnte bald hässlich werden: Spätestens wenn der Hungerstreik zur Lebensgefahr wird, wird die Kirche als Hausherr Rettung und/oder Polizei holen müssen.
Jenes Ziel, das möglich war, haben die Protestierenden ohnehin erreicht: eine Debatte über Dinge, über die man reden muss – etwa die Qualität der Asylquartiere. Das ist nicht nichts. Österreich ist ein Land der Anlassgesetzgebung. Wie man an der Fußfessel-für-Sexualstraftäter-Debatte ablesen kann, ist öffentlicher Protest ein effektives Mittel (das jedoch, zugegeben, dem Auslöser selbst oft wenig hilft). Ein Erpressungsversuch, egal, wie verzweifelt, bringt hingegen wenig. Denn einen willkürlichen Daumen-hoch-Daumen-runter-Staat, der sich über Gesetze hinwegsetzt, will keiner. Jene, die den Streikenden anderes vermittelt haben, sind naiv. Oder haben gelogen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.02.2013)