Mit seinem „Gesetzesentwurf für ein BürgerInnen-Direktdarlehensgesetz“ will der Schuhproduzent der Politik voraus sein.
Wien/Es. „Wir sind das Volk“ steht auf dem Banner, das in dem kurzfristig zum Presseraum umfunktionierten GEA-Geschäft in der Lange Gasse im 8. Bezirk prangt. Der höchstens 20 Quadratmeter große Raum ist zum Bersten gefüllt mit Journalisten und Sympathisanten, Fotografen und Kameramännern, die sich kaum bewegen können, ohne jemandem auf die Füße zu steigen.
Dann Auftritt Heini. Aus dem Schuhlager erscheint der Waldvierteler Volkstribun vor seinen Jüngern. Er hebt zum Sprechen an, wird aber plötzlich von Rührung übermannt. Und fängt tatsächlich zu weinen an, während er sich überschwänglich bei den Anwesenden für ihr zahlreiches Erscheinen bedankt. Heini ist flankiert von seinem „juristischen Powerteam“, wie er es nennt, zur Rechten sein Bruder Karl Staudinger, zur Linken Jurist Markus Distelberger, beide sichtlich um Seriosität bemüht.
Wer investiert, braucht keine Konzession
Staudingers „Gesetzesentwurf für ein BürgerInnen-Direktdarlehensgesetz“ will einen legalen Rahmen für Unternehmen wie sein eigenes schaffen, die sich ohne Banken finanzieren wollen bzw. müssen, weil sie keinen Bankkredit bekommen. Der Vorschlag zielt auf zwei Gesetzesänderungen ab: Die erste betrifft das Bankwesengesetz und den Begriff des gewerblichen Bankgeschäftes. Unternehmer, die Geld mit Darlehen einsammeln und dieses in ihre Firma investieren, sollen keine Bankkonzession benötigen. Nur wer mit den Einlagen Einnahmen erzielt, etwa durch Gebühren für Kontoführung, soll eine Konzession benötigen. Außerdem will Staudinger eine massive Anhebung der Grenze, ab der ein Kapitalmarktprospekt verpflichtend vorgeschrieben ist, von derzeit 100.000 Euro auf fünf Mio. Euro. Damit würde man den gesetzlichen Rahmen, den die EU vorgibt, voll ausschöpfen.
Anlegerschützer Wilhelm Rasinger sieht das im Gespräch mit der „Presse“ etwas anders. Er plädiert statt einer Anhebung der Prospektpflichtgrenze für einen „Kapitalmarktprospekt light“.
„Ungeprüfte Bilanz ist unseriös“
Rasinger gibt Staudinger insofern recht, als „die Prospekte von 20 Seiten, wie wir sie jetzt haben, für klein- und mittelständische Unternehmen eine Last und für Anleger schwer verständlich“ seien. Unseriös und nicht im Sinn der Anleger sei aber, eine Bilanz vorzulegen, die nicht vorher von einem Wirtschaftsprüfer geprüft wurde. Staudinger hält das nicht für nötig und verweist darauf, dass die FMA, mit der er sich im Clinch befindet, ja jeden kontrollieren könne. „Die FMA hat andere Sorgen“, findet Rasinger.
Seinen Gesetzesentwurf hat Staudinger an alle Länder und an die „zuständigen Ministerien“ geschickt. Die Reformbereitschaft sei zwar da, aber der politische Prozess eben „ein Luder“. Gestützt von der Petition „Bürgerrecht statt Bankenrecht“, für die 23.000 Unterschriften gesammelt wurden, hofft Staudinger nun, die Sache zu beschleunigen. Sein Ziel ist, dass der Nationalrat noch diesen Sommer ein entsprechendes Gesetz beschließt.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.03.2013)