Rechnungshof: Aufträge ohne Prüfung und Kontrolle

(c) Teresa Zoetl
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Die Vergabepraxis im Innenministerium wird scharf kritisiert: Vergleichsangebote seien zu selten eingeholt worden, Leistungen zu wenig dokumentiert.

Wien. Vergibt eine öffentliche Stelle Aufträge unter dem Wert von 100.000 Euro, so benötigt sie keine Ausschreibung. Praktisch also, dass das Innenministerium unter der Ägide von Maria Fekter für die Einführung einer elektronischen Amtssignatur exakt 99.999,99 Euro veranschlagte. Der Auftrag wurde 2010 ohne Ausschreibung vergeben. Am Ende wurden aber rund 428.000 Euro für das Projekt fällig, wie sich 2011 – inzwischen hatte Johanna Mikl-Leitner das Ministeramt erklommen – zeigen sollte. Man überlegte zwar, die Ausschreibung nachzuholen, tat es aber nie.

Es sind Fälle wie dieser, die der Rechnungshof in seinem am Montag veröffentlichten Bericht über die Vergabepraxis im Innenministerium rügt. Tatsächlich wird das Instrument der Direktvergabe (also ohne Ausschreibung) vom Innenministerium nur allzu gern genutzt: Im Jahr 2010 entfielen rund 45Prozent des geprüften Vergabevolumens von 8,93 Millionen Euro (exkl. MWSt.) auf Direktvergaben. In 39Prozent der Fälle wurde kein Vergleichsangebot eingeholt, in 29Prozent nicht geprüft, ob der Auftrag nötig sei, bemängelt der Rechnungshof. Die von den Prüfern erstellte Liste an Verfehlungen des Ministeriums ist lang: unzulässige Direktvergabe, Wahl des falschen Vergabeverfahrens, fehlender oder nicht nachvollziehbarer Auftragswert, Leistungsbeginn vor schriftlichem Vertrag, unzweckmäßige Vertragsgestaltung sowie mangelhafte Leistungsdokumentation und -verrechnung.

Kritik an Fekters Beratung

Fekter wird etwa dafür kritisiert, dass sie einen „Auftrag für strategisch-politische Beratung“ ohne Ausschreibung an die Firma Headquarter vergeben hatte. An dieser Firma war der ehemalige Kabinettschef von Innenminister Ernst Strasser, Christoph Ulmer, beteiligt. Die Auftragsvergabe wird von der Opposition kritisiert, zumal dieselbe Firma auch Wahlkämpfe für die ÖVP bestritt. Die Grünen hatten die Vermutung in den Raum gestellt, dass das Ministerium mehr und dafür die Partei weniger für Aufträge zahlen musste. FPÖ, Grüne, BZÖ und Team Stronach erklärten am Montag geschlossen, eine Sondersitzung des Nationalrates zur Vergabepraxis des Innenministeriums einzuberufen.

Ulmer spielte aber auch schon Jahre zuvor bei der Vergabe des Blaulichtfunkprojekts, der auch im parlamentarischen Untersuchungsauschuss zur Korruption Thema war, eine Rolle. Ulmer hatte sich 2004 von seiner Tätigkeit im Ministerium karenzieren lassen, war aber mit einem Beratervertrag ausgestattet worden. Und er führte in diesem Zusammenhang Gespräche mit Bietern vor den offiziellen Vergabeschritten. Der Rechnungshof sieht dadurch das Transparenzgebot verletzt.

Neue Regeln im Ministerium

Das Innenministerium stützt sich auf ein eigenes Gutachten und weist alle Vorwürfe des Rechnungshofs zurück: So sei etwa die politische Beratung für Fekter nicht dokumentiert worden, weil es um geheimhaltungswürdige Dinge ging. Eine Argumentation, für die der Rechnungshof kein Verständnis zeigt. In einem anderen Fall begründete das Ministerium die Direktvergabe eines 140.000 Euro teuren PR-Auftrags in der Ära von Minister Günther Platter damit, dass keine andere Firma den Auftrag hätte erfüllen können. Auch die jetzige Finanzministerin, Maria Fekter, erklärte am Montag, alles sei korrekt abgelaufen. Man nehme aber die Forderung des Rechnungshofs, mehr Alternativangebote einzufordern, ernst. Das Innenministerium wiederum will eine Forderung des Rechnungshofs umsetzen: So wird die interne Revision künftig direkt Mikl-Leitner unterstellt.

Grundsätzlich gilt: Bei einer Vergabe zu kurz gekommene Bewerber können den Rechtsweg einschlagen. Doch bei Direktvergaben ist es schwer, die nötigen Fristen einzuhalten, weil man in aller Regel gar nicht rechtzeitig erfährt, dass es überhaupt einen Auftrag gab.

Auf einen Blick

Der Rechnungshof bemängelt in einem aktuellen Bericht die Auftragsvergaben im Innenministerium: Bei der Überprüfung des Jahres 2010 habe sich herausgestellt, dass 45Prozent des geprüften Vergabevolumens ohne Ausschreibung vergeben wurden. In 39Prozent der Fälle wurde kein Vergleichsangebot eingeholt, in 29 Prozent nicht geprüft, ob der Auftrag nötig sei.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.03.2013)

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