„Mehr Gerechtigkeit im Gemeindebau“: Wie die ÖVP die Preise senken will

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Rund 50.000 neue Wohnungen gibt Michael Spindelegger als Ziel aus. Das soll vor allem mit (privaten) Kapitalzuschüssen und einem „gerechteren“ Mietrecht gelingen.

Wien/Pri. Ist Wohnen eigentlich noch leistbar? Für den breiteren Mittelstand immer weniger, warnt die ÖVP. Denn die Wohnkosten sind in den vergangenen Jahren überproportional gestiegen. 2008 wendete ein durchschnittlicher Haushalt 24 Prozent des verfügbaren Einkommens für Mieten auf, 2012 waren es bereits 29 Prozent. Im Eigentumsbereich stieg die Wohnkostenbelastung von 17Prozent im Jahr 2008 auf 26 Prozent.

Was also tun, zumal in einem Wahljahr? Die ÖVP will das Angebot erhöhen und damit die Kosten senken, wie Parteichef Michael Spindelegger, flankiert von Ministerin Beatrix Karl (Justiz) und Reinhold Mitterlehner (Wirtschaft), am Mittwoch in einem Hintergrundgespräch erklärte. In den nächsten Jahren könnten rund 50.000 neue bzw. sanierte Wohnungen auf den Markt kommen, und zwar durch ein Bündel an Maßnahmen:

• Die (privaten) Pensions- und Vorsorgekassen sollen zehn Prozent ihres Kapitals – derzeit 21 Milliarden Euro – in den gemeinnützigen Wohnbau investieren, weil die Bauträger seit der Finanzkrise schwerer an Geld kommen. Dazu bräuchte es freilich eine Gesetzesänderung: Die Veranlagungsvorschriften der Kassen müssten geändert werden. Der Staatshaushalt würde damit aber nicht belastet, argumentiert Spindelegger.

• Das Mietrecht soll „verständlicher, transparenter und gerechter“ werden. Verständlicher, weil es nur noch eine Handvoll Experten gebe, die sich in den Weiten des Mietrechts zurechtfänden, wie Justizministerin Karl meinte. Transparenter, weil die Mieter ein Recht hätten, zu erfahren, woraus sich der Mietpreis zusammensetzt. Und gerechter, weil für die 560.000 Genossenschaftswohnungen eine andere Mietzinsobergrenze gilt, als für die 277.000 Gemeindewohnungen.

Als Richtwert für ausfinanzierte Genossenschaftswohnungen dient derzeit der niedrigste im gesamten Bundesgebiet, nämlich der burgenländische – abzüglich 30 Prozent. Macht einen Quadratmeterpreis von 3,29Euro. Für Gemeindewohnungen hingegen gilt der jeweilige Landesrichtwertmietzins. In Wien sind das 5,16 Euro pro Quadratmeter. Die ÖVP fordert daher eine Gleichstellung: In beiden Fällen solle der burgenländische Richtwert die Obergrenze sein.

Sozialwohnungen nur für Bedürftige

• Mehr Gerechtigkeit verlangt die ÖVP auch im Wiener Gemeindebau. Damit tatsächlich nur Bedürftige Sozialwohnungen bekommen, müssten die Vergabekriterien regelmäßig überprüft werden. Verdient ein Mieter mehr als erlaubt, soll es zwei Möglichkeiten geben: Entweder er gibt die Wohnung zurück, oder die Miete wird an die ortsüblichen Preise angepasst. Die Mehreinnahmen sollen dann wiederum in den Wohnbau fließen.

Ein weiteres Problem ist laut Spindelegger der Umstand, dass etliche Gemeindebauwohnungen leerstünden, weil sie entweder als günstige Zweitwohnung behalten oder für die Nachkommen aufgehoben werden. In diesem Fall müsse der Mietvertrag gekündigt werden – Ausnahmen soll es nur für Studenten, Jungarbeiter und Lehrlinge geben.

• 13 Kasernen, fünf davon in Wien, werden derzeit feilgeboten. Die ÖVP verlangt eine Zweckwidmung für den Wohnbau: Allein in Wien entstünde so eine Wohnnutzfläche von 500.000 Quadratmetern.

• Die Bauordnungen sollen „durchforstet und dereguliert“ bzw. manche Normen pragmatischer ausgelegt werden: Spindelegger hält es etwa für übertrieben, dass Gasthermen jedes Jahr gewartet werden müssen.

• Die Wohnbauförderung soll wieder zweckgebunden werden. Davon müssen allerdings zunächst die Länder überzeugt werden, die für die Wohnbauförderung verantwortlich sind. Wirtschaftsminister Mitterlehner stellte „Ersatz“ in Aussicht.

• Im Raumordnungsrecht der Länder soll außerdem eine neue Widmungskategorie für geförderte Miet- und Eigentumswohnungen geschaffen werden. Als Vorbild dient Südtirol: Dort wurden bei Umwidmungen in Bauland gewisse Flächen für den geförderten Wohnbau reserviert – bis hin zu Enteignungen. So weit will die ÖVP aber nicht gehen.

Spindelegger wird dieses Paket am Freitag dem ÖVP-Vorstand präsentieren, demnächst soll es eine Experten-Enquete im Parlamentsklub geben. Den Koalitionspartner habe man von den Plänen in Kenntnis gesetzt – eine baldige Umsetzung sei unwahrscheinlich, gestand der Vizekanzler. Denn in der SPÖ gebe es „andere Konzepte“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.03.2013)

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