Streit um Wirtschaft könnte Kärntner „Ehe zu dritt“ noch gefährden

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PK FPK: RAGGER / LOBNIG / DARMANNAPA/GERT EGGENBERGER
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Heute soll die neue Landesregierung stehen, die Abschaffung des Proporzes ist fix.

Wien/Klagenfurt. Verhandlungsmarathons werden in Kärnten langsam zur Gewohnheit. Hatten am Montag noch die FPK-Gremien in Permanenz getagt, so sind am heutigen Mittwoch die Koalitionsverhandler dran. Am Vormittag treffen sich die Untergruppen, ab 15 Uhr sind die Chefverhandler von SPÖ, ÖVP und Grünen an der Reihe. Die haben sich eine Sitzung mit Open End vorgenommen: Am Ende soll die neue Landesregierung stehen.

Auch wenn sich die Verhandler gegenseitig Rosen streuen: Fix ist noch nichts. Zwar sind alle guten Willens, eine „Ehe zu dritt“, wie es der Grüne Rolf Holub nennt, zustande zu bringen. Doch die ÖVP fürchtet, in dieser Konstellation unter die Räder zu kommen und legt sich dementsprechend noch quer. Es soll nämlich keine rot-grüne Koalition (die sich rein rechnerisch auch alleine ausgehen würde) mit schwarzem Anhängsel werden, so die ÖVP-Überlegungen.

ÖVP will keinen „Titel ohne Mittel“

Die Gegenstrategie: Im Wirtschaftsbereich soll die neue Landesregierung eine erkennbare schwarze Handschrift zeigen. Da spießt es sich derzeit noch. Zwar will der künftige SPÖ-Landeschef Peter Kaiser dem ÖVP-Landesrat Wolfgang Waldner das Wirtschaftsressort zugestehen (dazu auch noch Landwirtschaft, Kultur und Gemeinden), doch das reicht der ÖVP nicht. „Das darf kein Titel ohne Mittel sein“, sagt Waldner zur „Presse“. Man müsse die entsprechenden Kompetenzen dazubekommen, um auch etwas gestalten zu können. Etwa in den Bereichen Forschung, Entwicklung und Technologie oder bei den Landesgesellschaften. Das Wirtschaftsressort ist derzeit hauptsächlich für die Gewerbeförderung zuständig, das ist der ÖVP zu wenig.

Um das durchzusetzen, ist die ÖVP bereit, die Koalition noch infrage zu stellen – auch wenn dieses Szenario inzwischen wenig wahrscheinlich ist. Geht es doch allen drei Parteien darum, einen demonstrativen Neustart nach 14 Jahren freiheitlicher Dominanz in der Landesregierung zu setzen. Mit deren Erbe wird man ja genug zu tun haben: Rund 2,7 Mrd. Euro Schulden hinterlässt die FPK-Regierung – möglicherweise noch mehr. Ein Kassasturz als erste Maßnahme soll die wahre finanzielle Situation ans Tageslicht bringen.

Davon sollen alle weiteren Maßnahmen abhängig gemacht werden. Geeinigt hat man sich trotzdem schon auf etliches: In erster Linie auf ein Ende des Proporzes: Nach der nächsten Landtagswahl in fünf Jahren wird die Regierung nicht mehr entsprechend dem Wahlergebnis zusammengesetzt, sondern, wie jetzt schon in Tirol oder Salzburg, mit Landtagsmehrheit gewählt. Im Gegenzug bekommt der Landtag größere Kontrollrechte. Eine stärkere Position werden künftig die Landesräte haben: Sie bekommen Budgethoheit und müssen nicht mehr wegen jeder Kleinigkeit zum Finanzreferenten laufen.

Ein möglicher Stolperstein auf dem Weg zur Koalition ist praktisch aus dem Weg geräumt: Auch die ÖVP akzeptiert die Abschaffung des Pflegeregresses, Hauptbedingung der SPÖ für eine Zusammenarbeit. Erstaunlich auch, dass es derzeit noch zu keinen Reibereien zwischen den beiden Juniorpartnern in der künftigen Regierung kommt: Die Grünen erhalten ein „Nachhaltigkeitsressort“ mit Zuständigkeit für Energie, Umwelt, Verkehr und Raumplanung – und sind mit ihren Plänen im Gegensatz zu ihren Wiener Parteifreunden bei der ÖVP noch nicht angeeckt. Die SPÖ setzt bei der Ressorteinteilung auf ihre Kernthemen Bildung, Gesundheit und Soziales und will über das Finanzressort generell die Zügel in der Hand behalten.

Wenig aufregende Kompetenzen werden die beiden nicht zur Koalition gehörenden Landesräte Christian Ragger (FPK) und Gerhard Köfer (Team Stronach) erhalten. Ragger verliert sein bisheriges Sozialressort an die SPÖ. Er soll als gelernter Jurist und Rechtsanwalt ein „Rechtsressort“ leiten und damit für rechtliche Belange des Landes – etwa im Wasserrecht oder Tierschutz – zuständig sein. Gerhard Köfer dürfte das bisherige Ressort von Gerhard Dörfler erhalten und für Straßenbau zuständig sein.

Kärtner Landtag
Kärtner LandtagDie Presse

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.03.2013)

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