Steuerhinterziehung: Zunahme von Selbstanzeigen

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Steuerhinterziehung (c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER)
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Deutschland hat eine neue Steuer-CD gekauft, von der auch Österreich profitieren könnte. Währenddessen haben Selbstanzeigen in den vergangenen Wochen „deutlich zugenommen“.

Wien/Rie/Red. Noch ein paar solche Leaks, und Österreichs Budget geht es bald besser. Nach Offshore-Leaks, bei dem Medien weltweit die Steuerkonstruktionen von 130.000 Menschen zugespielt wurden, geht in Österreich die Angst um. Mitarbeiter des Finanzministeriums berichten von einer „deutlichen Zunahme“ bei den Selbstanzeigen wegen Steuerhinterziehung, eine Sprecherin sagte, die Tendenz sei „steigend“. Beziffern konnte man das gestern aber nicht.

Die Zahl dürfte in den kommenden Tagen und Wochen noch weiter steigen: Einerseits, weil Deutschland mit einer neuen Daten-CD aus der Schweiz seit gestern wieder Jagd auf Steuersünder macht. Andererseits wird eine Frist im Steuerabkommen mit der Schweiz schlagend: Bis Ende Mai müssen sich Österreicher entscheiden, ob sie ihre Konten in der Schweiz der österreichischen Finanz gegenüber offenlegen oder ob sie die Gelder mit einer einmaligen anonymen Nachversteuerung (in der Höhe zwischen 15 und 38 Prozent) legalisieren.

117 Mio. Euro Nachzahlung

2012 gab es in Österreich mit Stand Ende Oktober (neueste Zahlen) 210 Selbstanzeigen von 237 Personen. Sie mussten der Finanz knapp 60 Millionen Euro an nicht bezahlten Steuern überweisen. Das war ein einmaliger Rekord: Alle Selbstanzeigen von 2008 bis Ende 2011 zusammen brachten nur knapp 58 Millionen Euro ein.

Nach aktuellen Diskussionen über Steueroasen und Berichte über gekaufte Steuer-CDs würden die Selbstanzeigen „immer stark steigen“, berichtet ein Mitarbeiter des Finanzressorts. Vor allem Steuer-CDs treiben Abgabenhinterzieher zum Finanzamt, weil meist nicht klar ist, von welcher Bank die CD mit den Kontodaten stammt – und damit, ob man betroffen ist oder nicht.

Deshalb wollte das Bundesland Rheinland-Pfalz am Dienstag auch keine genauen Angaben zu der jüngsten Datensammlung aus der Schweiz machen, die es um vier Millionen Euro angekauft hat. 40.000 Datensätze von 10.000 Kunden „der verschiedensten Banken“ sollen auf der CD sein – und die Folgen bekamen gestern hunderte Menschen in Deutschland zu spüren. Ab den frühen Morgenstunden waren 400 Steuerfahnder unterwegs, 201 Razzien sollen laut Informationen des „Spiegel“ durchgeführt worden sein. Die Daten seien „sehr gut“ und „sehr detailliert“, wird ein Steuerfahnder zitiert. Die deutsche Finanz erwartet sich allein von dieser CD ein steuerliches Aufkommen in Höhe von 500 Millionen Euro.

Seit das deutsche Steuerabkommen mit der Schweiz gescheitert ist (das den Ankauf von Steuer-CDs verboten hätte), setzt die Finanz vermehrt auf entwendete Kontodaten. Allein Nordrhein-Westfalen hat in den vergangenen Jahren vier CDs gekauft.

Österreich wird von der Steuer-CD doppelt profitieren: Mehr Menschen werden sich aus Angst, dass ihre Daten darunter sind, selbst anzeigen (eine Selbstanzeige ist strafbefreiend). Dazu kommen aber noch die Daten auf der deutschen CD selbst. Österreich muss sich gar nicht aktiv darum bemühen, laut EU-Abkommen müssen diese Daten dem Heimatland des Steuerhinterziehers übermittelt werden. Und unter den 10.000 Kunden „werden ganz sicher ein paar Österreicher sein“, wie ein Finanzmitarbeiter meinte.

Eine Milliarde Euro für das Budget

Interessant wird die Zahl der Selbstanzeigen bis Ende kommenden Monats. Dann kann man eine erste Zwischenbilanz über das Steuerabkommen mit der Schweiz ziehen. Nach Schätzungen haben Österreicher 20 Milliarden Schweizer Franken unversteuert in unserem Nachbarland liegen, insgesamt sollen es aus der EU 500 Milliarden Euro Schwarzgeld sein.

Finanzministerin Fekter erwartet sich heuer von dem Abkommen mit der Schweiz Einnahmen in Höhe von einer Milliarde Euro. Manche Experten halten diese Zahl für deutlich zu hoch gegriffen. Ende Mai wird man abschätzen können, in welche Richtung es geht.

Auf einen Blick

Steuerhinterzieher melden sich vermehrt beim Finanzamt. Nach Offshore-Leaks habe es eine deutliche Zunahme von Selbstanzeigen gegeben. Diese Zahl dürfte weiter steigen, weil Rheinland-Pfalz wieder eine Steuer-CD angekauft hat. Seit gestern sind in Deutschland 400 Fahnder unterwegs.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.04.2013)

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