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Der Superbauernmarkt

Theresa Imre in der ersten Markta-Filiale in der Alser Straße in Wien.
Theresa Imre in der ersten Markta-Filiale in der Alser Straße in Wien.Mirjam Reither
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Die Onlineplattform Markta wird analog. Gründerin Theresa Imre über ihre Vision, ihre Pläne – und darüber, wie viel Kraft all das manchmal kostet.

Paradeiser in allen Farben und Formen leuchten aus den Kisten, von gelb-rot-grünen Cocktailtomaten bis zu faustgroßen Ochsenherzvarianten, die Marillen gehen dagegen langsam zur Neige, nicht nur für heute: Denn wenn die – heuer wieder einmal besonders kurze – Marillensaison vorbei ist, wird nichts aus dem Ausland geholt. „Beim Einkaufen sollen die Leute auch spüren, wie es eigentlich der Landwirtschaft da draußen geht“, sagt Theresa Imre.

Und seit einigen Wochen dürfen sie überhaupt spüren, schmecken, riechen, wenn sie bei Markta einkaufen: Denn Imre ist mit ihrem digitalen Bauernmarkt im Juli analog geworden – und hat in der Alser Straße im neunten Wiener Bezirk ihr erstes, gleichnamiges Geschäft aufgesperrt. Vorerst ist das noch in der Pilotphase.

Zwar gibt es schon eine gute Auswahl an Gemüse und Obst, Kaffee und Bier, Käse und Kräutern, bis zum offiziellen Eröffnungstermin am 14. September sollen noch einmal so viele Produkte dazukommen, am Schluss soll man seinen gesamten Einkauf hier erledigen können, „vom Apfel bis zum Klopapier“. Wobei alles von ausgewählten Produzenten kommt, das heißt: möglichst regional, vielfach von kleinen Betrieben – und so, dass auch die Bauern mehr davon haben, als wenn ihre Ware im Supermarkt verkauft wird.

Boom während Pandemie

Mit dieser Idee hat die studierte Volkswirtin vor inzwischen fünf Jahren ihre Onlineplattform gegründet – und während der Coronapandemie ein geradezu explosives Wachstum hingelegt, die Bestellungen haben sich verzwanzigfacht, Markta war plötzlich in aller Munde. „Bis Ende 2021 war das auch ein super Konzept“, sagt die Gründerin. „Dann hat sich der Markt gedreht.“ Nicht nur, weil zunehmend auch verschiedenste Online-Schnelllieferdienste für Lebensmittel auf den Plan traten, sondern auch, weil die Menschen nach der Zeit der Lockdowns schlicht und einfach wieder Lust hatten hinauszugehen, die Ware in die Hand zu nehmen, ein echtes Einkaufserlebnis zu haben. „Österreich ist einfach noch nicht Skandinavien oder England, wo zehn bis 15 Prozent der Lebensmittel online gekauft werden: Wir sind bei einem bis zwei Prozent.“

Als Kehrtwende sieht Imre den Schritt von der Onlineplattform zum stationären Handel daher nicht. Sondern eigentlich als eine Erweiterung, um ihrer Urvision näherzukommen. „Die ist, ein neues Lebensmittelsystem aufzubauen: gute Produkte zu verkaufen, sinnvollere Strukturen zu schaffen.“ Ist das in Wien – laut Imre die Stadt mit den meisten Supermärkten Europas – nicht ein etwas verrücktes Unterfangen?

„Einerseits ja“, sagt Imre. „Andererseits sind wir eben nicht noch ein Supermarkt, sondern der Versuch, eine Vertriebsstelle für die ganzen Bauern direkt zu sein.“ Irgendwo zwischen Supermarkt und Bauernmarkt, wobei die Bäuerin ihren Betrieb samt Foto auf einem kleinen Kärtchen neben den Paradeisern vorstellt. Die Filiale in der Alser Straße ist nicht das einzige Markta-Geschäft, das man in Zukunft in der Stadt sehen wird: Anfang nächsten Jahres folgt Nummer zwei. „Wir haben für Wien durchaus zehn Filialen geplant.“

Die digitale Plattform auf den analogen Boden zu bringen ist ein weiteres Beispiel dafür, mit welchem Verve Imre ihrer Vision folgt. „Ich hatte die letzten zwei Jahre sehr zu kämpfen, gerade als das Onlinegeschäft nach Corona runterging“, sagt sie. „Was ich immer wieder geschafft habe, ist, neu aufzustehen – aber es hat auch Phasen gegeben, in denen ich kurz vor dem Burn-out war.“ Markta hat ein Abo-System eingeführt, arbeitet zunehmend mit Unternehmenskunden.

„Dann zerreißt es dich“

„Es hat sehr viel Kraft gekostet, aber ich habe auch immer wieder Glück gehabt, weil meine Grundausrichtung so sinnvoll ist: Ich habe etwa tolle Investoren gefunden, mit denen ich das Ladenkonzept ausrollen kann, meinen Co-Geschäftsführer Julian Hödlmaier, der sich mehr ums operative Tagesgeschäft kümmert.“ Denn wenn man sich gleichzeitig um die Strategie kümmert und darum, warum die Marillen von da oder dort nicht kommen: „Dann zerreißt es dich.“

Wie sehr die Konsumenten, die vom Supermarkt jederzeitige Verfügbarkeit von quasi allem gewöhnt sind, akzeptieren, dass es halt irgendwann keine Marillen, Paradeiser oder Erdbeeren mehr gibt, werde man sehen. Das Interesse am Geschäft sei jedenfalls da, sagt Imre. „Wir haben jetzt schon viele Stammkunden, die regelmäßig kommen.“

Auf einen Blick

Theresa Imre hat Markta 2018 als Onlineplattform gegründet, um Lebensmittel von regionalen Kleinbetrieben zu auch für die Produzenten fairen Preisen zu vermarkten. Nun wird Markta zusätzlich zu online auch stationär: Ein erstes Geschäft hat in der Alser Straße 16 aufgesperrt, mittelfristig sind zehn Filialen geplant. Noch ist das Geschäft in der Pilotphase, es kommen noch weitere Produkte, eine Unverpacktstation und Mittagessen zum Mitnehmen dazu.

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