ÖVP: „Faymann-Steuern“ für Spindeleggers „Familie“

Michael Spindelegger
Michael Spindelegger(c) REUTERS (HEINZ-PETER BADER)
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Nein zur Gesamtschule, nein zu neuen Schulden und nein zu neuen Steuern. Vizekanzler Spindelegger steckt seine Positionen ab. In einer programmatisch soliden, aber nicht gerade mitreißenden Rede.

Zu martialischen Trommelschlägen marschierten die Mitglieder des ÖVP-Vorstands ein. Danach folgten – zu Fanfarenklängen – Michael Spindelegger und seine Frau Margit. Die Stimmung war für ÖVP-Verhältnisse fast enthusiastisch. Der jüngst in Wahlen bestätigte Trend, dass die nähere Zukunft den nicht gerade schillernden, aber soliden Handwerkern der Politik gehört – Wilfried Haslauer und Günther Platter wurden entsprechend gefeiert –, gibt auch der Bundes-ÖVP-Auftrieb.

Statt der Redoutensäle war diesmal der größere Festsaal der Hofburg angemietet worden – um im Wahljahr eine größere Zahl an Sympathisanten unterzubringen. Die früheren ÖVP-Obleute Josef Taus, Josef Riegler, Wolfgang Schüssel und Josef Pröll waren gekommen – Erhard Busek und Wilhelm Molterer fehlten, von den Landeshauptleuten war Erwin Pröll entschuldigt.

Dafür war der immer wieder als künftiger SPÖ-Chef gehandelte ÖBB-Boss Christian Kern da. Bei der groß inszenierten „Österreich-Rede“ des amtierenden ÖVP-Obmanns an diesem 15.Mai, dem Jahrestag der Staatsvertragsunterzeichnung, der in den Reden jedoch mit keinem Wort erwähnt wurde. Alois Mock hatte seinerzeit als ÖVP-Chef genau aus diesem Anlass die „Rede zur Lage der Nation“ eingeführt.

In diesem Jahr waren es zwei Reden: Die erste – kurzweiligere – hielt Integrationsstaatssekretär und JVP-Obmann Sebastian Kurz (s. nebenstehenden Artikel). Die Hauptrede – eine gute Stunde sollte sie dauern – war dann Michael Spindelegger vorbehalten.

Indem er die Probleme einer österreichischen Jungfamilie des Jahres 2013 aufwarf, hantelte sich der ÖVP-Obmann durch die wichtigsten Themen der österreichischen Innenpolitik. Die Schlüsse, die Spindelegger daraus zog: ein klares „Nein zur Gesamtschule“. Mehr Eigentum wäre die beste Antwort auf die zu hohen Mietpreise („Ich will ein Volk von Eigentümern und kein Land des Volkseigentums“). Zudem müssten die hohen Strom-, Gas- und Betriebskostenabrechnungen, die vielfach auf „Monopolen in sozialistischer Hand“ fußen, günstiger werden. Für die Pflege der Großeltern sollten – entgegen den Forderungen der Gewerkschaft – weiterhin Pflegerinnen aus der Slowakei engagiert werden können. Und auch die Teilzeitarbeit, wie überhaupt die flexible Gestaltung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, sollte stärker gefördert werden. Auch wenn das Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek nicht passe. „Wir sind für die Wahlfreiheit.“

Einen Schwerpunkt legte Spindelegger auf das Thema Wirtschaft. Sie müsste von der Bürokratie befreit werden. Österreich brauche eine Re-Industrialisierung. Sechs Wochen Mindesturlaub wären „Harakiri mit Anlauf“. Und Österreich sei das „fünftgierigste Abkassiererland“ in der OECD.

Deutlich grenzte er sich von der SPÖ ab: „Die ÖVP gestaltet, die SPÖ verwaltet.“ „Mir gehen die klassenkämpferischen Töne aus den roten Mündern eindeutig zu weit.“ „Wohlstand auf Pump gibt es nicht. Warum können das die Roten und Grünen nicht verstehen?“ Wobei er sich über die Grünen eher lustig machte: Mit diesen wären viele Projekte nicht realisierbar, „weil vielleicht irgendwo ein Regenwurm herausschaut“.

Werner Faymann attackierte Spindelegger persönlich: „Ich sage Nein zu den Faymann-Steuern!“ Er habe dessen Steuerideen – 24 an der Zahl – bei den Verhandlungen zum Sparpaket abgewehrt. Faymann wolle Erbschafts-, Schenkungs- und Vermögenssteuern Schritt für Schritt einführen. Doch das käme einer Enteignung gleich.

„Nicht Reichtum, Armut ist der Skandal“

„2013 wird das Jahr der ÖVP“, wiederholte Spindelegger einmal mehr den aktuellen Lieblingsslogan der ÖVP. Er spüre es, dass die ÖVP im Herbst die Nummer eins und er Bundeskanzler sein werde. Nicht um der Macht und seiner selbst willen, sondern, um Österreich zu verändern. Etwa mit der Schaffung von 420.000 neuen Arbeitsplätzen, indem Unternehmern mehr Freiraum und Unterstützung zuteilwerde, zum Beispiel durch eine Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft. Und wiederum an die Adresse der SPÖ: „Es bringt dem Arbeitnehmer nichts, wenn ich den Arbeitgeber ruiniere. Kein Schwacher wird stärker, wenn ich die Starken schwäche.“ Nicht Reichtum sei der Skandal, „Armut ist der Skandal“.

Mehrfach legte Spindelegger das Versprechen ab, dass es mit ihm keine neuen Schulden geben und die Steuerlast reduziert werde. Die ÖVP sei die Wirtschaftspartei. Und die Partei der Familie, „egal, wie immer sie sich auch zusammensetzt“. Für einen ÖVP-Chef, noch dazu konservativer Sozialisation wie Spindelegger, ein in dieser Deutlichkeit doch ungewöhnliches Bekenntnis.

Gegen Ende prophezeite Spindelegger dann: „Ihr werdet mich noch lange haben!“ Dem Applaus nach zu schließen hätten die meisten auch gar nichts dagegen. Zumindest der Zuhörer dieser handwerklich soliden, aber im Gegensatz zur Inszenierung nicht gerade mitreißenden Rede.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.05.2013)

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