Raiffeisen: Stolpert Banker über Steueroasen-Deal?

Raiffeisen Stolpert Banker ueber
Raiffeisen Stolpert Banker ueber(c) EPA (HANS KLAUS TECHT)
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Ein über Steueroasen gelaufener Immobiliendeal in Singapur bringt RBI-Chef Herbert Stepic in ernste Bedrängnis - und könnte seine Karriere abrupt beenden.

Wien/Red. Vorstandschef der größten österreichischen Osteuropabank, „Trend“-Mann des Jahres, European Banker of the Year – und möglicherweise bald schon Pensionist: Herbert Stepic (66), Chef der börsenotierten Raiffeisen Bank International (RBI), hat mit einem über Steueroasen abgewickelten Immobiliendeal in Singapur hörbares Murren unterm Giebelkreuz ausgelöst. Der Aufsichtsratschef der RBI, Walter Rothensteiner, will nun den Sachverhalt prüfen und danach „die Gremien befassen“. Solche Geschäfte würden nicht zum Raiffeisen-Image passen, haben Funktionäre zuvor kritisiert.

Wie in einem Teil der gestrigen Ausgabe berichtet, ist der Name des Raiffeisen-Top-Bankers in von der Zeitschrift „News“ veröffentlichten OffshoreLeaks-Dokumenten aufgetaucht. Aus denen geht hervor, dass Stepic wirtschaftlich Berechtigter der Offshore-Gesellschaften Yatsenko International Ltd. auf den British Virgin Islands und Takego Holdings Ltd. in Hongkong ist und über diese Gesellschaften drei Wohnungen in Singapur gekauft hat. Aus „in Österreich versteuertem Geld“, wie Stepic dazu betont. Es handle sich bei Yatsenko und Takego auch nicht um Offshore-Briefkästen, sondern um „Projektgesellschaften“.

Konstruktion mit schiefer Optik

Die aufwendige Konstruktion erzeugt eine schiefe Optik (Immobilien kann man auch direkt kaufen), heißt aber nicht notwendigerweise, dass Steuerhinterziehung dahintersteckt. Stepic sagt, es habe sich bei der Investition um ein „standardisiertes Produkt“ der schweizerischen Großbank UBS gehandelt.

Tatsächlich verfügen praktisch alle großen international tätigen Banken, auch die österreichischen, über Offshore-Töchter in Steuerparadiesen, die vermögenden Kunden „steueroptimierte“ Konstruktionen anbieten. Wenn dafür in Österreich (oder, bei Vorliegen eines Doppelbesteuerungsabkommens, im betreffenden Land) Steuern bezahlt würden, sei dies völlig legal, meinen Steuerberater. Wenngleich sie ihren Kunden Konstruktionen, die auch nur den Eindruck von Illegalität erweckten, nicht empfehlen würden, wie der Chef der Kammer der Wirtschaftstreuhänder, Klaus Hübner, gestern in einem ORF-Interview sagte.

Was für Unruhe im Raiffeisen-Reich sorgt, ist der Umstand, dass Stepic die Singapur-Geschäfte weder der Finanzmarktaufsicht noch den Finanzbehörden noch dem RBI-Aufsichtsrat gemeldet hat. Experten zeigten sich gestern freilich uneins, ob es dazu eine Verpflichtung gegeben hätte. Der Aufsichtsrat will das nun überprüfen.

Zumal der kunstsinnige Raiffeisen-Manager, dessen Sammlung afrikanischer Kunst schon mehr als 400 Exponate umfasst, nicht zum ersten Mal mit Immobiliengeschäften für Unruhe sorgt: Erst vor Kurzem ist ein ebenfalls offshore abgewickelter Immobiliendeal in Serbien ins Visier der Finanzmarktaufsicht geraten. Eine Gruppe um Stepic hatte diesen Deal mit einem Kredit der Hypo Alpe Adria finanziert, diesen aber nie zurückgezahlt. Das FMA-Verfahren wurde aber eingestellt, weil Stepic belegen konnte, dass er schon in einer relativ frühen Phase aus dem Deal ausgeschieden sei.

Auf zwei Millionen Gage verzichtet

Öffentlich Wellen hat neulich auch die Gage des Raiffeisen-Bankers geschlagen: Nachdem bekannt geworden war, dass Stepic für das Vorjahr fünf Mio. Euro bekommen sollte, verzichtete er freiwillig auf zwei Millionen.

Der jüngste OffshoreLeaks-Vorfall scheint bei Raiffeisen das Fass zum Überlaufen gebracht zu haben. Insider erwarteten gestern, dass der Banker, der die Osteuropa-Aktivitäten der RBI praktisch im Alleingang aufgebaut hat, bald in den Ruhestand verabschiedet werden könnte. Den Deal wird sich übrigens nicht nur der Raiffeisen-Aufsichtsrat ansehen. Nationalbank-Gouverneur Ewald Nowotny sagte gestern auf Journalistenfragen, er werde das Geschäft „gemeinsam mit der FMA“ analysieren. Derzeit habe er noch zu wenig Informationen, um den Fall beurteilen zu können.

Stepic könnte nicht das einzige OffshoreLeaks-Opfer im Land bleiben: Gestern wurde bekannt, dass sich weitere Österreicher auf der internationalen Liste der Steuerparadies-Anleger finden. Allerdings, wie es hieß, nicht sehr viele.

Auf einen Blick

Drei Wohnungen in Singapur beziehungsweise deren Kauf über Steueroasen-Gesellschaften haben den Vorstandschef der Raiffeisen Bank International einen Platz auf der sogenannten OffshoreLeaks-Liste beschert. Und damit ein veritables Problem im Raiffeisen-Konzern: Dort wird jetzt geprüft, ob die (nicht gemeldeten) Geschäfte rechtlich in Ordnung waren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.05.2013)

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