Verlust der Bodenhaftung

Manager brauchen einen Anstandskodex, der schon vor dem Strafrecht endet.

Vorweg: Herbert Stepic hat quasi im Alleingang eine der größten Osteuropabanken aufgebaut. Er ist dafür unter anderem zum „European Banker of the Year“ gewählt worden und hat von Wladimir Putin einen hohen russischen Orden umgehängt bekommen. Dass er seine Karriere nicht als gefeierter Star beendet, sondern vom eigenen Aufsichtsrat wegen seltsamer persönlicher Immobiliengeschäfte aus dem Büro hinauskomplimentiert wird, entbehrt also nicht einer gewissen Tragik.

Das Ganze kann man als Musterbeispiel dafür sehen, wie man auf dem Weg in lichte Höhen die Bodenhaftung verlieren kann. Vor allem aber, wie eine Kombination aus der heimischen „Anything goes“-Managementphilosophie und Maßlosigkeit zu Aktionen führt, die für Außenstehende nur mehr schwer begreifbar sind. Denn der Topverdiener Stepic hatte die aus Steueroasen-Investments lukrierten zusätzlichen Tausender ebenso wenig notwendig wie etwa der Tilo-Berlin-Freundeskreis (darunter die Creme de la Creme der heimischen Industrie und der Ex-Finanzminister mit dem Schwiegermutter-Schmäh), als er sich per „Investment“ mit bemerkenswerter Nonchalance an der Kärntner Hypo bediente.

Gut, dass da wenigstens im Raiffeisen-Reich einmal klargestellt wird, dass nicht erst das Strafrecht die Grenze zulässigen Handelns ist. Bei der Gelegenheit könnten die Raiffeisen-Banker gleich überlegen, ob es „Good Practice“ ist, einen der ihren wegen Steueroasen-Deals abzusägen – und als Bank selbst Steueroasenfirmen zu betreiben.

josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.05.2013)

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