Trotz Bestemm: Finanzsteuer unsicher

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Die Finanztransaktionssteuer tritt vielleicht gar nicht, auf jeden Fall aber verspätet in Kraft. Österreich, das die Einnahmen bereits budgetiert, will davon nichts wissen.

Wien/Red./Ag. Die Einführung einer Finanztransaktionssteuer in elf EU-Ländern, unter ihnen Österreich, dürfte nach der breiten Kritik in Deutschland in weite Ferne rücken.

Die deutsche Bundesregierung erklärte Anfang der Woche, man wolle die Steuer zwar weiterhin einführen, nehme aber auch die Einwände „sehr ernst“, damit es nicht zu zusätzlichen Problemen im europäischen Bankensektor komme.

Emer Traynor, Sprecherin des EU-Steuerkommissars, erklärte am Freitag im „Morgenjournal“ des ORF-Radios: „Die Einführung 2014 wäre noch machbar, wohl aber kaum wie geplant am 1. Jänner.“ Die heftige Kritik hält sie aber für einen Beweis dafür, mit der Steuer richtig zu liegen: „Jene, die die Steuern zahlen müssen, werden nie zu den großen Unterstützern werden.“

In Berlin erklärte man, dass sich der „europäische Entscheidungsprozess entschleunigt“ habe, seit die SPD auf vorsichtige Distanz zu der Steuer ging. Die Partei galt bisher als treibende Kraft hinter der Steuer, mit der die Banken an den Milliardenkosten der Finanzkrise beteiligt werden sollen. Allerdings hatte der SPD-Finanzminister von Baden-Württemberg, Nils Schmid, in einem Brief an Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) vor negativen Folgen für den Interbanken-Geldmarkt gewarnt, falls es bei den bisherigen Plänen der EU-Kommission bleibt.

„Komplexes“ Thema

Grundsätzlich hält die deutsche Bundesregierung an der Einführung der Steuer fest. „Wir wollen die Finanztransaktionssteuer, und wir wollen sie so umfassend wie möglich“, sagte der Sprecher des Finanzministeriums, Martin Kotthaus, am Freitag in Berlin. Das Thema sei allerdings „komplex“, derzeit bespreche man die „Sorgen und Nöte“ der EU-Länder. „Die Gespräche darüber in Brüssel sind ein intensiver, langwieriger und schwieriger Prozess.“ Am Ende müsse jedenfalls ein einstimmiger Beschluss stehen.

Der mag tatsächlich kommen, möglicherweise aber nur in einer Schmalspurvariante, wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtete.

Deutschlands Finanzminister Schäuble ist und bleibt in Bezug auf die Steuer jedenfalls vorsichtig: Sein Sprecher betonte, es sei „eher unrealistisch“, dass die Steuer von heute auf morgen komme. Deshalb seien auch für 2014 keine Einnahmen im deutschen Bundeshaushalt eingeplant.

Österreich ist da weniger vorsichtig. Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) hat für das Budget 2014 bereits Einnahmen durch die Finanztransaktionssteuer in einer Höhe von 500 Millionen Euro budgetiert. Österreich halte an der Finanztransaktionssteuer fest, man gehe auch davon aus, dass die Mittel wie budgetiert fließen werden, erklärte das Ressort am Freitag.

„Nicht beugen“

Sollte das nicht der Fall sein, solle die Finanzindustrie die Lücke mit einer anderen Abgabe füllen, meinte SPÖ-Finanzsprecher Jan Krainer. Die „breite Masse“ dürfe nicht für das Budgetloch, etwa durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer, zur Kassa gebeten werden, betonte der SPÖ-Politiker.

Der stellvertretende Grünen-Bundeschef und Budgetsprecher Werner Kogler sieht jetzt die Bundesregierung gefordert. Diese könne nicht zusehen, wie die Pläne für die Einführung der Transaktionssteuer in anderen Ländern durch Lobbys „perforiert“ werden, betonte er am Freitag. Österreich dürfe sich den lauter werdenden Zwischenrufen der Finanzlobby keinesfalls beugen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.06.2013)

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