Warum das Lehrerdienstrecht scheitern wird

Lehrerdienstrecht
Lehrerdienstrecht (c) APA/HANS KLAUS TECHT (HANS KLAUS TECHT)
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Die ÖVP legt ein eigenes Konzept vor. Die Lehrergewerkschaft reagiert vorsichtig positiv auf das Sechspunkteprogramm.

Wien. Bereits 27 Verhandlungsrunden hat es zum neuen Lehrerdienstrecht zwischen den zuständigen Ministerien und der Lehrergewerkschaft gegeben. Eine Lösung gab es bislang aber nicht. Im Gegenteil: Eine Einigung rückte in den vergangenen Wochen sogar in immer weitere Ferne.

Diese Entwicklung nahm die Volkspartei nun zum Anlass, um ein eigenes Modell zu präsentieren. Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) – die eigentlich mit Unterrichtsministerin Claudia Schmied und Beamtenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (beide SPÖ) an einem neuen Dienstrecht feilt – holte sich dafür Unterstützung von Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle (ÖVP). Die Gewerkschaft reagiert vorsichtig positiv auf das Sechspunkteprogramm. GÖD-Chef Fritz Neugebauer (gleichfalls ÖVP) sprach von einer „tauglichen Grundlage“. Auch Paul Kimberger, Chefverhandler auf Lehrerseite, sieht im ÖVP-Papier einen „Schritt in die richtige Richtung“, betonte aber, dass er dieses genauer durchleuchten müsse. Es wird also auf die Details ankommen. Ein Durchbruch noch vor der Wahl bleibt unwahrscheinlich.

1. Gehaltskurve: Ob die höhere Ausbildung von Volksschullehrern abgegolten wird, ist fraglich

Was die Bezahlung betrifft, ist die ÖVP der Gewerkschaft tatsächlich ein großes Stück nähergekommen. Wie von den Lehrervertretern gefordert, soll es weiter unterschiedliche Gehaltskurven für die einzelnen Lehrertypen (Pflichtschule, AHS, BMHS, Berufsschule, Landwirtschaftsschulen) geben. Es soll also kein einheitliches Dienstrecht für alle geben, wie das bisher von der Regierung angestrebt wurde. Das Argument der ÖVP: Man könne Volksschullehrer nicht mit Lehrern an berufsbildenden höheren Schulen vergleichen. Abgesehen davon ähnelt das Konzept dem Regierungsvorschlag: höhere Gehälter zu Beginn (mindestens 2400 Euro) und dann eine flachere Gehaltskurve. Das Ganze soll Bund und Länder nicht mehr kosten als bisher.

Wie das angesichts der bereits beschlossenen neuen Lehrerausbildung funktionieren soll, bleibt fraglich. Denn künftig sollen auch Volksschullehrer ein Masterstudium absolvieren. Die Gewerkschaft erwartet sich für die in Zukunft besser ausgebildeten Volksschullehrer auch eine „masterwertige“ Bezahlung, so Kimberger zur „Presse“. Das ist im ÖVP-Vorschlag aber nicht miteinberechnet.

2. Arbeitszeit: Eine 38,5-Stunden Woche kann nicht bis Herbst beschlossen werden

Auch bei der Arbeitszeit machte die ÖVP Zugeständnisse. Es soll künftig nicht mehr über eine Erhöhung der Unterrichtspflicht gestritten werden, sondern ein Präsenzzeitmodell geben. Wie viele Stunden die Lehrer wöchentlich in der Schule anwesend sein müssen, soll sozialpartnerschaftlich ausverhandelt werden. Eine 38,5-Stunden-Woche sei damit möglich. Allein: Bis zum Herbst wird eine derart grundlegende Änderung wohl nicht beschlossen werden können.

3. Arbeitszeitstudie: Es werden keine neuen wissenschaftlichen Fakten erhoben

Der Vorschlag der ÖVP klingt verlockend. Es soll eine neue Arbeitszeitstudie geben. Damit geht die Volkspartei auf eine langjährige Forderung der Gewerkschaft ein. Mittels derartigen wissenschaftlichen Erkenntnissen wollen die Lehrervertreter nämlich nicht nur zeigen, wie viel Pädagogen tatsächlich arbeiten, sondern auch, welche Aufgaben diese erledigen. Denn laut Gewerkschaft übernehmen Lehrer immer öfter nicht pädagogische Tätigkeiten, die eigentlich das administrative Personal oder etwa Schulpsychologen übernehmen könnten. Der Vorschlag hat einen Haken: Es soll keine neue wissenschaftliche Studie geben, sondern auf einer Studie aus dem Jahr 2000 aufgebaut werden. Inwiefern dabei den veränderten Arbeitsbedingungen Rechnung getragen wird, bleibt abzuwarten. Das wiederum hat Auswirkungen auf die Berechnung, wie viel Unterstützungspersonal zur Verfügung gestellt werden muss.

4. Unterstützungspersonal: 2000 Psychologen und Sekretärinnen könnten nicht reichen

Im Vollausbau sollen laut Fekter 2000 Stellen für zusätzliches Unterstützungspersonal finanziert werden. Ein Angebot, das der Gewerkschaft wohl kaum reichen wird. Immerhin haben die Lehrervertreter bisher 13.000 zusätzliche Helfer gefordert. Es brauche nicht nur Schulpsychologen und Sozialarbeiter, sondern auch mehr Verwaltungspersonal.

5. Umbauten: Geringere Schülerzahlen können große Investitionen nicht verhindern

Lehrer sollen künftig bessere Arbeitsbedingungen vorfinden. Die beengten Platzverhältnisse in den Konferenzzimmern sind nicht tragbar, sagt Ministerin Fekter. Eine gehörige Finanzspritze für den Umbau der Schulen soll es aber nicht geben. Die Ministerin verlässt sich auf die rückläufigen Schülerzahlen. Durch diese werde es ohnehin immer mehr Platz in den Schulen geben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.06.2013)

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