Schule: "Über längere Anwesenheit kann man diskutieren"

Schule ueber laengere Anwesenheit
Schule ueber laengere Anwesenheit(c) APA
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Gewerkschafter und Junglehrervertreter Michael Weber glaubt, dass junge Lehrer bereit wären, länger an den Schulen anwesend zu sein. Eine 38,5-Stunden-Woche sei dennoch "einfach zu hoch".

DiePresse.com:Die Lehrergewerkschaft hat es nicht unbedingt eilig, das neue Lehrerdienstrecht zu einem Abschluss zu bringen. Das müsste Ihnen als Junglehrervertreter eigentlich ein Dorn im Auge sein.

Michael Weber:
Die Dinge, die derzeit am Tisch liegen, stellen für Junglehrer absolut keinen Anreiz dar. Was von der Regierung vorgeschlagen wurde, ist eine Verschlechterung zum Status quo. Die Lehrer müssten mehr unterrichten und gleichzeitig wird die Gehaltskurve nach den höheren Einstiegsgehältern so abgeschwächt, dass die Lebensverdienstsumme sinkt.

Die Regierung widerspricht Ihrer Darstellung und sagt, dass die Lebensverdienstsumme nicht sinken wird.

Die Regierung rechnet mit einer Verzinsung. Die Regierung rechnet mit einer Abzinsung. Was man am Beginn mehr verdient wird angelegt und abgezinst und das ist aus meiner Sicht sehr zynisch. Dabei wird nämlich mit einem Durchschnittswert von vier Prozent gerechnet. Wenn wir ehrlich sind, sind wir von vier Prozent weit weg.

Der Einstieg in den Lehrerberuf wird dennoch attraktiver, oder?

Das Kippen der Gehaltskurve ist wichtig. Aber eben bei einer gleichen Lebensverdienstsumme.

Schule ueber laengere Anwesenheit
Schule ueber laengere Anwesenheit(c) Stefan Weber

Zur Person

Michael Weber ist Junglehrervertreter in Oberösterreich und gleichzeitig der bundesweite Ansprechpartner in dieser Sache. In die Verhandlungen zum Lehrerdienstrecht ist er zwar nicht eingebunden, hat aber gute Kontakte zu Chef-Verhandler Paul Kimberger. Weber selbst ist Hauptschullehrer für Englisch, Musik und Informatik.

Zum Thema Arbeitszeit: Die ÖVP hat vorgeschlagen, dass man nicht mehr über Unterrichts-Verpflichtungen debattiert, sondern über die Anwesenheit. Ist eine länger Anwesenheit für Sie denkbar?

Das ist ein Punkt über den man diskutieren kann. Aber: Wir brauchen gute Arbeitsplätze und Arbeitsbedingungen. Die jungen Kollegen wären sicher bereit, die ein oder andere Stunde mehr in der Schule zu verbringen, wenn sie Möglichkeiten vorfinden, dass sie sich dementsprechend vorbereiten können.

Wenn die Infrastruktur passt, könnten Sie sich langfristig gesehen also auch eine 38,5-Stunden-Woche vorstellen?

Ich will mich nicht auf Zahlen festlegen. Die Masse der Lehrerinnen und Lehrer arbeitet jetzt schon weit mehr als 38,5-Stunden im Sinne der Kinder. Eine Anwesenheit von 38,5-Stunden kann ich mir dennoch nicht vorstellen. Diese Zahl ist einfach zu hoch. Es gibt viele Tätigkeiten eines Lehrers, wo es notwendig ist, auch einmal außerhalb der Schule etwas zu organisieren. Man muss für Projektarbeiten recherchieren, Kontakte knüpfen etc.

Inwieweit divergieren die Positionen von Junglehrern und altgedienten Gewerkschaftern?

Ich kann vom Pflichtschulbereich sprechen. Da ist es so, dass die Forderungen in vielen Dingen ähnlich sind. Was mir fehlt, ist mehr Platz für pädagogische Innovationen. Es braucht wieder mehr Zeit für die Kinder. Deshalb ist auch das Unterstützungspersonal so wichtig.

Ist ein einheitliches Dienstrecht eine Illusion?

Absolut nicht. Auch die ÖVP hat gesagt, dass die unterschiedlichen Dienstrechte je nach Lehrertyp lediglich eine Übergangslösung bis 2019 sein sollen. Dann treten ja bereits die Lehrer, die die neue Lehrerausbildung genossen haben, in den Dienst ein.

Eine Übergangslösung von 2014 bis 2019 wäre also sinnvoll?

Ja. Man hat die große Chance in kleinen Schritten Neuerungen im Dienstrecht durchzusetzen und gleichzeitig an der großen Reform zu arbeiten. Die kleinen Pakete könnten bereits Anreize schaffen, den Lehrberuf zu ergreifen.

Kann ein derartiges Übergangsdienstrecht noch vor der Nationalratswahl beschlossen werden?

Möglich ist es. Dabei muss die Gewerkschaft mit im Boot sein. Ist sie das nicht, - wie das bereits angedacht wurde - ist das für mich undenkbar. Wir leben schlussendlich in einer Demokratie. Und jede Reform kann nur mit uns Junglehrer passieren und nicht gegen uns. Das muss der Regierung bewusst sein. 

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