Portugal und Zypern können trotz wirtschaftlicher Probleme kein Entgegenkommen der Europartner erwarten.
Lissabon/Nikosia. Tausende versammelten sich auch dieses Wochenende in der Nähe des Präsidentenpalasts in Lissabon. Sie hat die Ankündigung der Regierung, künftig mehr für Wachstum und neue Arbeitsplätze zu tun, nicht beruhigt. Portugal hat zwar seine aktuelle Regierungskrise überwunden, aber die Spar- und Reformauflagen der Troika aus Europäischer Zentralbank (EZB), Internationalem Währungsfonds (IWF) und EU-Kommission schränken den Spielraum der Staatsführung weiter ein. Die Arbeitslosigkeit ist auf 18 Prozent geklettert, die Wirtschaft des Landes wird 2013 ebenso wie in den beiden Jahren davor schrumpfen.
Ministerpräsident Pedro Passos Coelho ist es am Wochenende gelungen, die Koalition zu stabilisieren. Doch glauben nur wenige im Land an den versprochenen Kurswechsel. Nachdem die rechtsliberale Koalition fast zerbrochen wäre, hat Coelho der konservativen Sozialdemokratischen Partei (PSD) mehr Einfluss im Krisenmanagement versprochen. Der ehemalige Außenminister Paulo Portas wird als Superminister installiert. Er soll sich als stellvertretender Regierungschef der Wirtschaftsreformen annehmen. Ausdrückliches Ziel ist es, das Land zurück auf den Wachstumskurs zu bringen. Portas wird auch die Verhandlungen mit der Troika führen. Die Tageszeitung „Publico“ sieht in der Neuorientierung lediglich einen Etikettenschwindel: „Neuer Wein in alten Schläuchen funktioniert selten.“
Portugal hat wegen der Rezession und der damit verbundenen sinkenden Steuereinnahmen Probleme, seine Sparauflagen zu erfüllen. Weil sich die Troika nicht erweichen lässt und die Unterstützung in der Bevölkerung für die Fortsetzung des Sparkurses sinkt, ist Finanzminister Vitor Gaspar vergangene Woche zurückgetreten. Die Euro-Finanzminister schlossen am Montag trotz der wachsenden Probleme im Land eine Änderung des Reformkurses aus. Sie bestanden darauf, dass Portugal wie geplant 2014 so weit sein müsse, selbst wieder Geld auf den Finanzmärkten aufzunehmen.

Kritik an überhasteten Reformen
Der Widerstand gegen die Troika-Auflagen steigt auch in Zypern. Das Land rutschte dieses Jahr tiefer in die Rezession als erwartet. Die Bankensanierung führt nicht nur zur geplanten Reduzierung des aufgeblähten Finanzsektors, sondern trifft nun massiv die Unternehmen des Landes. Staatspräsident Nicos Anastasiades hat deshalb in einem Brief an die Europartner um mehr Zeit für die Reformen gebeten. Er kritisierte die überhastete Verkleinerung des Bankensektors. Mehr Zeit oder gar mehr Geld für Nikosia wollen die Europartner aber nicht gewähren. Das Geld sei auf zehn Milliarden Euro beschränkt, sagte Euro-Gruppenchef Jeroen Dijsselbloem. „Das Programm ist auf Basis von Erwartungen gut durchgerechnet.“ Die Erwartungen waren, das musste freilich auch die Troika eingestehen, in den meisten Krisenländern zu optimistisch. Die Wachstumseinbrüche sind schlimmer als angenommen. Für Zypern ist für dieses Jahr eine Schrumpfung um satte 8,7 Prozent prognostiziert worden. Die Schätzung war wegen der Einschnitte im Finanzsektor hoch angesetzt worden. Doch schon in den ersten drei Monaten wurde die Hälfte dieser Reduzierung erreicht. Durch die stärkere Rezession steigt auch die Arbeitslosigkeit – zuletzt auf 16,3 Prozent.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.07.2013)