Leichtathletik: Der ewige Sprint in die Dopingfalle

ewige Sprint Dopingfalle
ewige Sprint Dopingfalle(c) EPA (PETER KLAUNZER)
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Die positiven Dopingtests der Superstars Tyson Gay, Asafa Powell und Sheorne Simpson sorgen für Aufregung. Mediziner üben heftige Kritik an laschen Kontrollen.

Kingston/Frankfurt/Fin. Mit einer in dieser Form noch nie erlebten Antidopingoffensive wurde die Leichtathletikszene in Aufruhr versetzt. Vier Wochen vor Beginn der WM in Moskau (ab 10. August) wurden positive Tests mehrerer Topstars publik. Am Sonntag gab US-Sprinter Tyson Gay bekannt, eine positive Probe abgegeben zu haben. Kurz darauf folgten in Kingston Town die „Befunde“ des ehemaligen 100-Meter-Weltrekordlers Asafa Powell, jene von Sherone Simpson und drei weiteren Jamaikanern.

Während sich Gay, er gewann bei der WM 2007 Gold in allen Sprint-Disziplinen (100, 200 Meter, 4 x 100 Meter-Staffel), über die Substanz in Schweigen hüllte und mit tränenerstickter Stimme beteuerte, „niemals wissentlich eine leistungssteigernde Substanz zu mir genommen“ zu haben, scheint der Sachverhalt in der Karibik geklärt.

Powell, dem mehrfachen Olympia- und WM-Medaillengewinner, und Simpson, sie gewann in London 2012 Silber, wurde das Stimulanzmittel Oxilofrine (steigert den Blutdruck) nachgewiesen.

Diese Dopingfälle lösten abermals Diskussionen über den Verfall ethischer Werte im Spitzensport aus. Auch wurden schlagartig Bestleistungen nicht ertappter Athleten, allen voran von Superstar Usain Bolt, infrage gestellt.

Dabei bringt sich stets Antidopingexperte Werner Franke ins mediale Spiel. „Mich hat überrascht, dass es so lange gebraucht hat“, sagt der Deutsche, 73, „um überhaupt etwas zu finden. Das hat damit zu tun, dass nach wie vor die Dopingkontrollen in mehrfacher Weise unintelligent sind. Leichtathletik? Diese Art von Sport ist total versaut, weil niemand mehr an die Spitze kommt, der nicht drauf ist.“

Powells Trainer wurde verhaftet

Ein Blick auf die Zahlen sorgt für Ernüchterung: Ex-Weltmeister Gay ist noch nie schneller gelaufen als in dieser Saison. Seine Bestzeit über 100 Meter steht aktuell bei 9,75 Sekunden. Er sagt: „Ich habe keinen Bericht über Sabotage. Ich habe jemandem vertraut und wurde im Stich gelassen.“

Sein Trainer will mit Doping nichts zu tun haben. Er erklärt, weder etwas bemerkt noch gewusst zu haben und verlangt weitere Untersuchungen. Die Leistungssteigerung seines Schützlings, er wurde bei einer Trainingskontrolle ertappt, sei nur auf „bessere Trainingsmethodik“ zurückzuführen. Powells Konditionstrainer hingegen soll nach einem Bericht der jamaikanischen Zeitung „The Gleaner“ im Trainingslager in Lignano von der Polizei in Gewahrsam genommen worden sein. Er soll der Polizei Mittel ausgehändigt haben, die er den Athleten gegeben haben soll. Diese Dopingfälle kommen nur wenige Wochen nach jenem von Veronica Campbell-Brown. Jamaikas dreifache Olympiasiegerin ist im Mai positiv auf ein Diuretikum getestet worden.

Der Krebsforscher Franke zweifelt an der Wirksamkeit aller Tests. Blutpässe hätten zwar manches erschwert, doch die gängigste Variante des Blutdopings mit EPO nicht unterbunden. Es werde weiterhin „mit den Werten getrickst“.

Bei allen fünf Athleten ist die B-Probe noch ausständig.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.07.2013)

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