Mariahilfer Straße: Schattenseiten der Fußgängerzone

Mariahilfer Strasse Schattenseiten Fussgaengerzone
Mariahilfer Strasse Schattenseiten Fussgaengerzone(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Mit der Verkehrsberuhigung der Einkaufsstraße dürfte ein großer Teil der Pkw-Fahrer auf die angrenzenden Bezirke ausweichen. Deren Bezirkschefs sind alarmiert.

Wien. Wenn in knapp zwei Wochen – am 16. August – die Fußgängerzone auf der Mariahilfer Straße testweise startet, werden nicht nur die direkt betroffenen Bezirke Mariahilf und Neubau genau hinschauen. Auch die umliegenden Bezirke Wieden, Margareten, Josefstadt und Rudolfsheim-Fünfhaus werden sich sehr für den Probebetrieb interessieren. Vor allem für den Autoverkehr: Denn der könnte sich – da die innere Mariahilfer Straße dann für den Durchzugsverkehr gesperrt ist – auf die angrenzenden Bezirke verlagern. Sprich: Die Verkehrsberuhigung auf Wiens größter Einkaufsstraße könnte zu mehr Verkehr in den umliegenden Bezirken führen.

Das weiß auch die Stadt. Vor Kurzem wurden Vertreter der vier Bezirke von der MA46 (Verkehrsorganisation) über die Auswirkungen informiert. So dürfte nicht nur der Verkehr entlang des Gürtels spürbar zunehmen. Für die Lerchenfelder Straße in der Josefstadt etwa rechnet man laut Gutachten mit „mehreren hundert Autos täglich mehr“, sagt Veronika Mickel, Bezirksvorsteherin der Josefstadt (ÖVP). Das habe sie überrascht: „Bei einer früheren Informationsveranstaltung hat man uns noch versichert, dass sich der Verkehr großräumig verlagern und sich die Situation in unserem Bezirk sogar verbessern wird.“

Nur ein Zehntel steigt um

Nun geht man bei der Stadt Wien davon aus, dass nur etwa zehn Prozent der Autofahrer, die derzeit die Mariahilfer Straße benutzen, auf andere Verkehrsmittel (U-Bahn, Rad) umsteigen, berichten Teilnehmer des Treffens. Der Rest, also 90Prozent, werden laut Gutachten weiter mit dem Pkw fahren – und sich entsprechende Ausweichrouten suchen müssen.

Für die direkt betroffenen Bezirke sechs und sieben hat sich die Stadt bekanntlich einige Maßnahmen überlegt, die den Durchzugsverkehr erschweren sollen: So werden direkte Querungen (etwa Schottenfeldgasse/Webgasse) durch ein Umdrehen der Einbahnrichtung verhindert. Auf großen Durchzugsstraßen (Gumpendorfer Straße, Neustift- und Burggasse, siehe Grafik) gilt dann Tempo 30.

Für die angrenzenden Bezirke aber fehlen derartige Konzepte, kritisiert Mickel. „Ich begrüße zwar jede Verkehrsberuhigung, aber es ist nicht einzusehen, dass die Mariahilfer Straße vom Verkehr entlastet und 90Prozent des Verkehrs in andere Bezirke verdrängt werden.“ Mickel fürchtet, dass in ihrem Bezirk nicht nur die Lerchenfelder Straße, sondern etwa auch die Florianigasse den zusätzlichen Verkehr spüren könnte.

Auch in Rudolfsheim-Fünfhaus ist man über die Auswirkungen der Fußgängerzone besorgt. Hier könnten Sechshauser und Hütteldorfer Straße sowie die Gablenzgasse als Ausweichrouten dienen. Oder auch kleinere Straßen quer durch den Bezirk, die zum Teil auch jetzt schon als Schleichwege benutzt werden. „Wir haben diese Befürchtungen schon lange“, sagt Bezirksvorsteher Gerhard Zatlokal (SPÖ), „wir sind nur bisher leider nie in die Planungen eingebunden gewesen.“ Das Treffen in der MA46 sei erst auf Betreiben des 15.Bezirks zustande gekommen, so Zatlokal.

Auch der fünfte Bezirk hat seine „Bedenken“ bei der Stadt deponiert, wie es Thomas Stähler, Büroleiter der Bezirksvorsteherin Susanne Schäfer–Wiery (SPÖ), formuliert. In Margareten betont man zwar, dass man nichts gegen das Projekt Fußgängerzone habe, fürchtet aber „die zusätzliche Verkehrsbelastung“, so Stähler. „Irgendwo müssen die Autofahrer ja hin.“ In Margareten und auf der Wieden könnten Schönbrunner Straße und Wiedner Hauptstraße deutlich stärker befahren werden.

Ob die Befürchtungen der Bezirke wahr werden, wird im Herbst feststehen. Im Juni hat die MA46 an wichtigen Punkten in den vier Bezirken Verkehrszählungen durchgeführt. Im Oktober, noch während des Probebetriebs der Fußgängerzone, wird erneut gezählt. Sollte sich eine spürbare Steigerung des Autoverkehrs ergeben, fordern die Bezirke „Maßnahmen“ vonseiten der Stadt. Welche genau, lässt man noch offen. Mickel plädiert für diesen Fall für eine Abstimmung über die Fußgängerzone in jenen Bezirksteilen, die vom Ausweichverkehr betroffen sind.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.07.2013)

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