Jubiläum

Aida: Wiens rosaroteste Café-Konditorei wird 110

Aida, modern(er): Dominik Prousek, der den Konditoreibetrieb in vierter Generation führt, in der Filiale am Stephansplatz.
Aida, modern(er): Dominik Prousek, der den Konditoreibetrieb in vierter Generation führt, in der Filiale am Stephansplatz. Caio Kauffmann
  • Drucken

Das Wiener Traditionsunternehmen Aida feiert 110. Geburtstag und wird nach wie vor als Familienbetrieb geführt. Bis heute wird nach den Rezepten von 1913 gebacken. Nun denkt man über eine Expansion ins Ausland nach.

Als großer Opernfan stand der Name für den Zuckerbäcker Josef Prousek schnell fest: „Verdi“ sollte seine Konditorei heißen, als Hommage an den berühmten Komponisten.

Dann aber fiel ihm ein: Mit einem „V“ als Anfangsbuchstaben würde sein Unternehmen im Telefonbuch erst ziemlich weit hinten auftauchen. Weshalb er sich dann doch lieber für den Namen einer Verdi-Oper mit günstigerer Position im Alphabet entschloss: Aida.

Ob die Konditorei-Kette auch als „Verdi“ weltberühmt in Wien geworden wäre, dem Stadtbild an vielen Ecken einen sehr rosaroten Anstrich verpasst hätte, lässt sich heute, 110 Jahre, nachdem Josef Prousek einen Konditoreibetrieb am Alsergrund übernommen hatte, natürlich nicht sagen.

Rosa war die Aida jedenfalls von Beginn an, auch das eine Hommage – an Prouseks Frau, deren Vorname Rosa lautete. Noch rosaroter wurden die Filialen dann übrigens erst ab 2007 im Zuge einer (sanften) Modernisierung.

Und heute sind zumindest einige Filialen womöglich so einschlägig eingefärbt wie nie zuvor: Jene Aida-Konditorei in Uni-Nähe in der Kolingasse etwa, aber auch die Filiale neben dem Stephansdom ist frisch modernisiert, die Wände von hunderten rosaroten Kunstblumen bedeckt, dazu Leuchtschrift-Sprüche in, genau, rosa.

Ja, fast möchte man das Wort „hip“ in den Mund nehmen, wenn da nicht – keine Sorge – auch die alte Einrichtung erhalten geblieben wäre. „Aber es gibt genauso Filialen, die wir bewusst traditionell alt halten, wie jene auf der Wollzeile. Die werden wir nicht angreifen“ “, sagt Dominik Prousek. Der 37-Jährige ist Urenkel des Aida-Gründers und führt das Familienunternehmen gemeinsam mit seinen Eltern Michael und Sonja Prousek.

TikTok und Instagram

Trotz einiger moderner Vorstöße – Dominik Prousek betreibt etwa selbst den Tiktok- und Instagram-Auftritt – weiß auch die dritte und vierte Generation, was sich viele Wienerinnen und Wiener von der Aida wünschen: Möglichst alles so wie früher, etwa die alten 1950er- und 60er-Einrichtungen.

Tatsächlich wird bei Aida auch nach wie vor in Handarbeit gebacken. In der Produktionsstätte im 21. Bezirk, in der jeden Tag drei Tonnen Backwaren hergestellt werden, sind noch Maschinen aus den 1940er- bis 1960er-Jahren im Einsatz „für die es überhaupt keine Ersatzteile mehr gibt“.

Erfinder der Cremeschnitte?

Auch die Rezepte sind noch jene, mit denen Josef Prousek vom Alsergrund aus 1913 seinen Siegeszug antrat, ja, man sieht sich heute sogar als Erfinder der Cremeschnitte: Deren Urheberschaft reklamieren zwar mehrere Zuckerbäcker für sich, aber bisher sei kein Cremeschnitten-Rezept aufgetaucht, das weiter zurückgeht als jenes der Aida, so Dominik Prousek.

2018 hat man nämlich im Keller der Filiale in der Bognergasse einen „riesigen Safe“ gefunden, den man aufbrechen ließ: Darin fand man handgeschriebene Rezepte, die Josef Prousek und sein Sohn Felix 1943, mitten im Zweiten Weltkrieg, niedergeschrieben haben, um sie für die Nachwelt zu erhalten. Und in ihrem Cremeschnitten-Rezept verweisen die beiden dabei darauf, dass diese eben seit 1913 nach genau diesem Rezept gebacken wird.

Dass den Prouseks in der Nachkriegszeit der wirtschaftliche Wiederaufstieg gelang, lag auch daran, dass sie für die Besatzungsmächte Großaufträge übernahmen: Mehrere hundert Torten für die Rote Armee, Donuts und Eiscreme für die amerikanischen Besatzungssoldaten. So kamen die Aida-Konditoren an damals wertvolle Rohstoffe wie Kaffee, Zucker und Schlagobers und erfanden in den Nachkriegsjahren etwas, woran sich ältere Generationen an Wienerinnen und Wienern wohl noch erinnern: Die sogenannte „goldene Schale“: Für eine Schilling bekam man damals in den Aida-Konditoreien eine Melange, die jeder Gast selbst nach Wunsch mit Schlagobers und Zucker ergänzen konnte. Viele Mütter hätten damals davon Gebrauch gemacht und ihren Kindern so eine Schale Schlag mit Zucker als Süßigkeit gekauft.

Bis heute will man dem Gründungsgedanken von Josef Prousek, der „Luxusprodukte wie Kaffee und Torten für alle leistbar machen wollte“ treu bleiben. So gibt es nach wie vor einen Ristretto an der Bar um einen Euro. Klingt nach Italien? Durchaus. Denn Aida-Gründer Josef Prousek und sein Sohn Felix beobachteten auf einer Italien-Reise Ende der 1940er-Jahre die dort übliche Praxis, einen schnellen Kaffee an der Bar zu trinken. Dies wollten sie auch nach Wien holen – und kehrten mit einer La Carimali Maschine zurück – der ersten Espressomaschine, die ab 1948 in Österreich im Einsatz war, in der Filiale in der Wollzeile übrigens. Seither heißt man auch offiziell Café-Konditorei, davor war man „nur“ eine Konditorei.

Expansion geplant

Zum 110. Geburtstag blickt Dominik Prousek aber auch nach vorne: Nachdem man 2019 erstmals Filialen außerhalb Wiens eröffnet hat (u.a. in Innsbruck), will er Aida mit Franchise-Partnern auch im Ausland etablieren. Erste Erfahrungen hat man damit vor rund zehn Jahren gesammelt – bei einem zweijährigen Popup-Gastspiel in Saudi Arabien. In welchen Länder es künftig Aida-Standorte geben könnte, will Prousek mit Verweis auf laufende Gespräche nicht verraten. „Ich finde es irrsinnig schade, dass es bisher keine Wiener Konditorei wirklich geschafft hat, ihre Geschichte auch im Ausland zu erzählen.“ Das soll sich 2024 ändern.

Auf einen Blick

Im September 1913 übernimmt der aus Nordböhmen stammende Josef Prousek mit seiner Frau Rosa einen Konditoreibetrieb in der Porzellangasse, den er 1925 in „Aida“ umbenennt.

Heute produziert Aida täglich bis zu drei Tonnen Backwaren und betreibt 23 Filialen in Wien, zwei am Flughafen Schwechat, zwei in Innsbruck sowie eine am Grazer Hauptbahnhof.

Mehr dazu: www.aida.at

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.