Autofachhandel

Forstingers bewegte Geschichte

Die Abstimmung über den Sanierungsplan erfolgt am 26. September.
Die Abstimmung über den Sanierungsplan erfolgt am 26. September.Imago
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Es ist die dritte Insolvenz in der Geschichte der Firma. Nach der ersten Versammlung fordern Gläubiger 21,2 Millionen Euro.

Es ist das dritte Insolvenzverfahren innerhalb von 22 Jahren, in das die Autozubehörkette Forstinger heuer schlittert. Beim Gerichtstermin zur Insolvenz von Forstinger am Dienstag wurden von 236 Gläubigern und 522 Dienstnehmern Forderungen in der Höhe von 21,2 Mio. Euro angemeldet.

Anerkannt wurden davon 14,5 Mio. Euro. Der restliche Betrag wurde vorerst formal bestritten. Mit weiteren Anerkennungen ist daher noch zu rechnen, teilten die Creditreform, AKV und KSV am Dienstag mit. Als unmittelbaren Anlass für die Liquiditätskrise nennt das Unternehmen neben veränderten Rahmenbedingungen aufgrund von Corona die Inflation und den draus resultierenden Kaufkraftverlust der Kundschaft.

Forstinger will weitermachen

Die Autozubehörkette will den Betrieb aber weiterführen, heißt es. Im Unternehmen habe man dafür bereits ein Sanierungskonzept erarbeitet. Dabei soll etwa ein stärkerer Fokus auf dem Sortiment liegen. Zudem sollen das Service- und Werkstattangebot ausgebaut werden. Auch das Filialnetz soll neu strukturiert werden, um es zu stärken, wie es heißt. Dafür sollen 14 Filialen der bestehenden 87 Filialstandorte geschlossen werden. Ursprünglich war die Rede von elf Standorten. Jene Filialen, die geschlossen werden, sollen voraussichtlich bis Mitte September geöffnet bleiben, schreibt Forstinger.

„Da es sich bereits um das dritte Insolvenzverfahren des Unternehmens handelt, wird das Restrukturierungskonzept einer strengen Überprüfung standhalten müssen, damit der Sanierungsplanvorschlag die Akzeptanz der Gläubiger finden wird. Die nächsten Wochen werden zeigen, ob die Sanierungsbestrebungen tatsächlich aufrechterhalten werden können“, so Brigitte Dostal vom KSV 1870.

„Wir haben uns diese Entscheidung nicht leicht gemacht, aber vor dem Hintergrund von Inflation und Kaufkraftverlust sind wir an einen Punkt gelangt, an dem wir als verantwortungsvolle Manager ein gesetzliches Sanierungsverfahren beantragen müssen. Wir sind unseren Mitarbeitern, Kunden und Partnern in der Pflicht, alles zu unternehmen, um Forstinger zu sanieren“, heißt es von der Forstinger-Geschäftsführung. Die Abstimmung über den Sanierungsplan erfolgt am 26. September 2023. Angeboten wird eine Mindestquote von 20 Prozent, die innerhalb von zwei Jahren zahlbar ist.

Bewegte Firmengeschichte

Das 1962 in einem Kellerlokal von Norbert Forstinger gegründete Unternehmen hat bisher eine bewegte Geschichte mit vielen Eigentümerwechseln gehabt. Erst lief alles nach Plan, und die Firma war auf Expansionskurs. 1998 der große Coup: Forstinger übernahm die PS-Märkte der Schömer-Gruppe von Karlheinz Essl, der das Kfz-Zubehör-Geschäft ganz nach dem Selbstbedienungsschema der damaligen Baumarktkette Baumax ausgerichtet hatte. Der Erfolg blieb aber aus.

Ein Jahr später weitete Forstinger sein Angebot um eigene Werkstätten aus. Das rasante Wachstum führte zu einem Liquiditätsproblem, und das Unternehmen musste 2001 ein Ausgleichsverfahren eröffnen. An Bord kamen der Sanierer Erhard Grossnigg mit seiner Value Management Services und die deutsche Orlando Management und unterstützten bei der Restrukturierung. 2004 reichten sie das Unternehmen an die Beteiligungsgesellschaft Bridgepoint weiter. 2005 erfolgte die Expansion in die Slowakei. Von 2006 bis 2008 wurde das Filialnetz dort und im Westen und Süden Österreichs ausgebaut.

2009 war das Jahr der nächsten Krise: Die damalige Forstinger-Mutter wurde zahlungsunfähig. Die österreichische Investorengruppe E-Mobile, die zuvor unter Better Place bekannt war, erwarb Forstinger damals. Zu ihr gehörte auch Ex-Immofinanz-Vorstand Norbert Gertner. 2013 krempelte der damalige Geschäftsführer, Klaus Müllner, die Kette um und versuchte etwa auf Franchising zu setzen. Zwei Jahre später wurde die PS Markt GmbH hereingeholt, die das Unternehmen 2018 komplett übernahm. In diesem Jahr wurde zum zweiten Mal Insolvenz angemeldet.

Ende August 2019 kauften Walter Karger und Christoph Kurtz mit ihrer ForTec GmbH den heimischen Baumarkt für Automechaniker. Im November 2019 übernahm Thomas Körpert die Geschäftsführung von Forstinger, er wechselte Anfang 2023 zu Yokohama Off-Highway Tires. Aktueller Geschäftsführer ist Harald Chromy. Im Vorjahr feierte der Fachhändler sein 60-jähriges Bestehen. Der Jahresumsatz lag zuletzt bei rund 90 Mio. Euro.

Handel geschwächt

50 Mitarbeiter wurden beim AMS-Frühwarnsystem angemeldet. Trotz der Insolvenzen von Kika/Leiner und Forstinger rechnet Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) aber nicht mit einem deutlichen Pleitenanstieg in den nächsten Monaten. Nach wie vor ist die Arbeitslosigkeit aktuell auf einem niedrigeren Stand als vor der Pandemie 2019, auch wenn es zuletzt Zuwächse gab. „Vor dem Hintergrund der sehr schwachen wirtschaftlichen Entwicklung kann dieser unerfreuliche Anstieg dabei sogar noch als moderat bezeichnet werden“, kommentierte AMS-Chef Johannes Kopf die Zahlen.

Auf einen Blick

Seit 1962 ist Forstinger Anbieter für Autozubehör, Reifen und Ersatzteile. Das Unternehmen beschäftigt rund 600 Mitarbeiter und betreibt 87 Filialstandorte in ganz Österreich, an die 85 Fachwerkstätten angeschlossen sind. Im Zuge der Insolvenz will das Unternehmen 14 Filialen schließen.

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