Der sanft twitternde Geistliche aus Teheran

sanft twitternde Geistliche Teheran
sanft twitternde Geistliche Teheran(c) Reuters (FARS NEWS)
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Präsident Hassan Rohani will das Verhältnis zum Westen verbessern. Bisher blieb es vor allem bei Symbolik. Der Syrien-Krieg könnte der Annäherung ein Ende setzen.

Hassan Rohani ist begeisterter Nutzer von Twitter. Über das soziale Netzwerk verbreitet Irans neuer Präsident politische Botschaften – und Glückwünsche: Zu Rosh Hashana, dem jüdischen Neujahrsfest, richtete der schiitische Geistliche nun Segenswünsche nicht nur an die iranischen, sondern „an alle Juden“ – damit also auch an die Bewohner Israels. Beobachter werten das als weiteren Versuch Rohanis, versöhnlichere Töne anzuschlagen.

Es sind freilich vorsichtige Töne, die sanft klingen, sich inhaltlich aber nur in Nuancen von dem unterscheiden, was bisher aus Teheran zu hören war. Denn Rohani sprach nicht explizit von Israel und dessen Bürgern. Und offiziell beteuerte Irans Regime schon bisher, keine Feindschaft gegenüber Juden, sondern „gegenüber dem Zionismus“ zu hegen. Das behauptete sogar Ex-Präsident Mahmoud Ahmadinejad, der wilde Verbalattacken gegen das „Geschwür“ Israel ritt und dem Land die „Vernichtung“ prophezeite. Doch es sind diese Nuancen in Rohanis Reden und Tun – die Art und Weise, wie er etwas sagt, die Art von Personen, die er in Ämter hievt –, die im Westen leise Hoffnung aufkeimen lassen.

Hardliner verlieren ihre Posten

Am Donnerstag beauftragte Rohani Irans Außenamt damit, künftig die internationalen Verhandlungen über das Nuklearprogramm des Landes zu führen. Damit legt er die Gespräche mit den Vetomächten im UN-Sicherheitsrat und Deutschland in die Hände des von ihm bestellten Außenministers Mohammed Javad Zarif, der als moderat gilt. Zuletzt war der Hardliner Saeed Jailili Chef-Atomunterhändler. Ihm zur Seite stand Ali Asghar Soltanieh, der iranische Botschafter bei der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) in Wien. Auch Soltanieh galt als wenig kompromissbereit und wurde nun ebenfalls von seinem Posten abgezogen.

Präsident Rohani hat klargestellt, das Verhältnis zum Westen verbessern und die Isolation des Iran beenden zu wollen. Dafür wurde er auch von vielen Iranern gewählt, die die internationalen Strafmaßnahmen gegen ihr Land leid sind. Die neuen Personalentscheidungen für das Atomverhandlungsteam sind ein positives Signal aus Teheran. In den Grundfragen des Nuklearstreits hat sich bisher aber noch nichts geändert.

Teheran erhöht Zahl der Uranzentrifugen

Teheran pocht nach wie vor auf das Recht auf ein eigenes Atomprogramm. Der Iran will auch weiterhin selbst Uran anreichern – und laut Internationaler Atomenergiebehörde baute er auch zuletzt seine Kapazitäten dafür aus: In der Atomanlage Natanz sei die Zahl hochmoderner Zentrifugen seit Mai von 689 auf 1008 erhöht worden, hieß es nun in einem IAEA-Bericht.

Länder wie die USA verdächtigen Teheran, das Nuklearprogramm nicht für zivile Zwecke, sondern für den Bau von Atomwaffen zu betreiben. Die fünf UN-Vetomächte (USA, Russland, China, Frankreich, Großbritannien) und Deutschland verlangten zuletzt von Teheran, die Anreicherung von Uran auf 20 Prozent zunächst auszusetzen. Doch das lehnt der Iran weiterhin ab.

Zwar hat Rohani in den Atomverhandlungen offenbar nun die Weichen in Richtung Entspannung gestellt. Ob er tatsächlich Zugeständnisse machen wird, hängt aber nicht von ihm allein ab. Wichtigster Machtfaktor im Iran ist nicht der Präsident, sondern Ali Khamenei, der oberste geistliche Führer. Auch Khamenei ist klar, wie dringlich für das Land Erleichterungen bei internationalen Sanktionen wären. Und er hat die jüngsten Personalentscheidungen Rohanis akzeptiert. Ein US-Militärschlag gegen Teherans Verbündeten Syrien würde aber innerhalb der iranischen Machtstrukturen zunächst den Hardlinern Auftrieb verleihen. Auch für Rohani wäre es so gut wie unmöglich, Kompromisse beim Atomprogramm anzubieten, während in Damaskus amerikanische Marschflugkörper einschlagen.

Mittelfristig könnte er aber auch anhand des Syrien-Konfliktes zeigen, ob sanften Tönen auch Taten folgen. Versucht er, mäßigend auf den Verbündeten Baschar al-Assad und Libanons Hisbollah einzuwirken? Oder gießt er Öl ins Feuer?

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.09.2013)

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