Parteifinanzen: Eine Debatte ohne Folgen?

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Parteifinanzen (c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)
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Bei den Werbekosten hagelt es gegenseitige Vorwürfe. Vier Thesen, wie sich die Ausgangslage vor der Wahl ändern könnte.

Wien/Gr/Ett/D.n. Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) hat die Diskussion um die Finanzierung von Wahlplakaten am Mittwoch für „erledigt“ erklärt. Spätestens damit dürfte garantiert sein, dass das Thema, das die Grünen aufgebracht haben, bis zur Wahl weiterhin breit diskutiert wird.

Bis auf Weiteres bleibt Faymanns Wort Wunschdenken: Ging es ursprünglich nur darum, dass die SPÖ – wohl ein Verstoß gegen das 2012 beschlossene Parteiengesetz – ihre Wahlplakate vom eigenen Parlamentsklub bezahlen ließ, erfasst die Causa inzwischen fast alle Parteien: Ein Gegenangriff der SPÖ betrifft die ÖVP und die Finanzierung des Vereins „Mein Anliegen für Österreich“, der am Freitag Bürgervorschläge an Michael Spindelegger übergeben wird. Vereinschef Michael Krammer entgegnet, die Finanzierung erfolge ausschließlich durch Private.

Die ÖVP indes ortet unterdessen „Missbrauch von Regierungsmacht“ seitens der SPÖ, so Klubobmann Karlheinz Kopf. Anlass war die Stellungnahme des Verfassungsdiensts im Bundeskanzleramt, die am Dienstagabend aus Faymanns Kabinett verbreitet worden war – und die Plakatfrage im Sinn der SPÖ argumentierte. Das könne nur als „Scheingutachten“ bezeichnet werden, so Kopf.

Auch die Oppositionsparteien sehen sich Kritik ausgesetzt. Die SPÖ attackiert die Grünen, deren Parlamentsklub die Öffentlichkeitsarbeit der Partei abwickle. Deren Bundesgeschäftsführer, Stefan Wallner, erwidert, der Parteien-Transparenz-Senat habe diese Kooperation nach einer anonymen Anzeige für korrekt befunden.

In der FPÖ wiederum werbe ebenfalls der Klub für Parteichef – und Klubobmann – Heinz-Christian Strache, bei den Plakaten des BZÖ (und einigen der Grünen) fehle überhaupt ein Impressum.

Bleibt die Frage: Wer profitiert von dem ersten echten Konfliktthema des Wahlkampfes?

1. Die ÖVP könnte davon profitieren, dass nun auch die SPÖ erstmals „angepatzt“ wird. Könnte.

Die Kanzlerpartei liegt bisher in Umfragen stabil auf Platz eins – vor der ÖVP. Mit der Aufregung um die Wahlplakate geriet die SPÖ erstmals in die Defensive. Die ÖVP könnte theoretisch ihre zumindest bei den Plakaten nach bisherigem Wissen „saubere Weste“ nutzen, um eine „Aufholjagd“ zu starten.

2. Die Affäre verstärkt die Frustration der Bürger gegenüber der Politik: Das schadet vor allem den beiden Regierungsparteien.

Das Misstrauen gegenüber dem Umgang der Parteien mit öffentlichem Geld ist angesichts der zahlreichen Verdachtsfälle illegaler Parteienfinanzierung bereits groß. Viele Wähler werden sich durch die Debatten in ihrem Misstrauen und Verdruss bestätigt fühlen. Die Unzufriedenheit kann beiden Regierungsparteien schaden – Protestparteien wie FPÖ oder Team Stronach könnten profitieren.

3. Die Aufarbeitung von Korruption nützt vor allem den Grünen.

Bei den Landtagswahlen im heurigen Jahr haben die Grünen vom Eintreten für eine schonungslose Aufarbeitung von Korruptionsvorwürfen profitiert. Auch beim Werben um Vertrauen für die Nationalratswahl am 29. September setzten die Grünen jetzt ganz darauf, völlig „sauber“ zu sein.

4. Die Diskussion bleibt Elitethema und hat überhaupt keine messbaren Auswirkungen auf das Wahlergebnis.

Offen ist, ob die Frage, aus welchen Töpfen welche Parteien ihren Wahlkampf finanzieren, für die breite Masse der Wähler überhaupt entscheidend ist. Schließlich geht es weniger um Korruption im engeren Sinn, wie Amtsmissbrauch oder Bestechung, sondern – auch wenn dabei gegen Gesetze verstoßen wurde – um eine schwer vermittelbare Frage. Ob sich deren Details über einen überschaubaren Zirkel der Kenner des politischen Systems hinaus erklären lassen, darf man bezweifeln – wie viele Wähler könnten wohl auf Anhieb den Unterschied zwischen Partei und Parlamentsklub erklären? Detail am Rande: Die „Kronen Zeitung“ ignorierte das Thema am Mittwoch komplett.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.09.2013)

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