In ferner Zukunft wünscht sich ORF-Chef Alexander Wrabetz mehr Spielraum für neue Medienkanäle. 2014 bringt Kürzungen bei Sport plus.
Wie soll der ORF 2020 aussehen? Wie ein digitaler Wunderladen, wenn es nach ORF-Chef Alexander Wrabetz geht. Am Mittwoch präsentierte er sein 40-seitiges Strategiepapier im Publikumsrat. Ganz oben auf der Wunschliste: Der ORF soll mehr Möglichkeiten in allen digitalen Kanälen bei Werbung und Inhalten bekommen, um seinen Versorgungsauftrag auch auf neuen Plattformen und Endgeräten erfüllen zu können. Wobei Wrabetz dies weder als Kampfansage an Privatsender noch „als Forderungsprogramm an die Medienpolitik“ verstehen will, eine neue Zurückhaltung, die vermutlich nur mit dem nahen Wahltermin zu tun hat. Eine Haushaltsabgabe fordert er nicht, da sie kaum Mehreinnahmen bringen würde; die duale Finanzierung – zwei Drittel Gebühren, ein Drittel Werbung – soll jedenfalls bleiben.
Der Stiftungsrat soll heute über das Papier abstimmen, vor allem ÖVP-nahe Räte vermissen darin aber „klare unternehmerische Schlussfolgerungen“, etwa bei Standort und Struktur des ORF. Tatsächlich wirkt das Papier in vielen Punkten eher theoretisch, eine Publikumsrätin brachte es auf den Punkt: „Das ist ein brauchbares Gerippe, das Fleisch muss erst kommen.“ Ideen für eine Download-Plattform, also ein „ORFlix“, das dem US-Download-Anbieter Netflix Konkurrenz machen soll, klingen nach sehr ferner Zukunftsmusik. Schon 2014 muss der ORF massiv sparen, so die Gebührenrefundierung nicht doch verlängert wird. Derzeit sei fraglich, ob der Sender weiter ein 24-Stunden-Programm senden kann, so Wrabetz.
Der ÖVP-nahe Publikumsrat Andreas Kratschmar zitierte aus dem aktuellen Qualitätsmonitoring und wies auf eine Umfrage des Sora-Instituts hin, nach der das Publikum findet, die ORF-Religion berichte viel neutraler als die Information. Wrabetz wies die Kritik zurück: „Alle wahlwerbenden Parteien beschweren sich gleich. Das zeigt, dass wir einen objektiven Kurs fahren.“ awa
("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.09.2013)